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Big Data: Besser Baby Steps als keine Steps

Viele B2B-Kommunikatoren stehen vor der Herausforderung, Big Data für die eigene Arbeit richtig einzusetzen. Die einen glauben, Daten schränken die Kreativität ein, anderen fehlt das passende Know-how – ein Plädoyer für Baby Steps.

 

Ich bin nicht gerne ziellos kreativ. Sie denken sich jetzt vielleicht: Komisch, warum arbeitet der dann in einer Kommunikationsagentur? Da geht es doch schließlich jeden Tag darum, kreativ zu sein. Stimmt, und deshalb muss ich die Aussage ergänzen und konkretisieren: Für mich ist Kreativität kein Selbstzweck und sie sollte sich nicht ohne tragfähiges Fundament im luftleeren Raum abspielen. Ich weiß, dass viele das anders sehen. Aber ich bin ein Struktur-Mensch, empirisch-analytisch ausgebildet und schaue gerne auf Daten, Diagramme und Analysen. Deshalb fällt es mir weitaus einfacher, auf kreative Ideen zu kommen, wenn sie sich innerhalb eines logischen Rasters bewegen. Dabei sind Daten die Basis. In den vergangenen Jahren haben sich durch die Digitalisierung vor allem die Analysemöglichkeiten radikal verändert und verbessert – Big Data sei Dank.

Erfahrung sticht Daten

Noch vor wenigen Jahren mussten sich Kommunikatoren auf manuell erhobene Daten – beispielsweise von Leserbefragungen – verlassen oder Informationen von Drittanbietern wie Meinungsforschungsinstituten einholen. Dahinter steckte viel Handarbeit. Analysten trugen die Daten zusammen und werteten sie aus. Die Möglichkeit direkt, automatisiert und in Echtzeit Einblicke in das Nutzungsverhalten der Leser zu bekommen, gab es nicht. Deshalb wurde die Evaluation der Kommunikation oft eher stiefmütterlich behandelt – ganz nach dem Motto „Wer viel misst, misst Mist“. Die jahrelange Erfahrung und das Wissen des Kommunikators über seine Zielgruppen waren deshalb die wertvollsten Assets.

Wie aus Big Data Smart Data wird

Heute sieht das aus. Die automatische Erhebung von Daten ist viel einfacher geworden. Von simplen Kennzahlen wie Visits oder Verweildauer über komplexere Daten wie Clickthrough Rate oder der Position in den Suchergebnissen bis zu automatisch erhobenen Nutzerfeedback – vieles ist möglich. Das summiert sich zu riesigen Datenmengen: Big Data eben. Deren saubere Analyse erzeugt Transparenz für die eigenen Kommunikationsmaßnahmen. Wie häufig werden meine Inhalte durch welche Zielgruppen genutzt? Wie lange bleiben die User auf den eigenen Seiten? Wie performen einzelne Artikel? Das alles lässt sich erfassen, aber es muss aggregiert, geordnet und priorisiert werden, damit aus Big Data Smart Data wird. Daraus können dann nicht nur Rückschlüsse gezogen, sondern auch bessere Vorhersagen für künftige Maßnahmen getroffen werden.

Das Fremdeln mit der Digitalisierung

Big Data und Data Analytics sind laut dem aktuellen bvik Trendbarometer Industriekommunikation 2019 die größten Herausforderungen in der B2B-Kommunikation. Gleichzeitig fehlt das Wissen darüber, wie sie genutzt werden können. Dabei ist alarmierend, dass sich mehr als zwei Drittel der befragten B2B-Marketing- und Kommunikationsexperten noch nicht oder nur teilweise ausreichend über Big Data und Data Analytics informiert fühlen. Fast 92 % bestätigen zudem, dass das Know-how in der B2B-Marketing-Organisation nicht oder nur teilweise vorhanden ist. Als strategischer Treiber wird vor allem das Marketing gesehen. Andere Bereiche wie die Presseabteilungen ziehen nach. Wer sich inhaltlich mit dem Thema Digitalisierung schwer tut, spricht darüber auch nicht öffentlich. Das zeigte sich beispielsweise auch wieder in der Folgestudie „Sprechen Sie digital? – Der lange Weg des Mittelstands zur Kommunikation seiner Digitalisierungskompetenz“: Der Mittelstand dringt in der Kommunikation von Digitalisierungsthemen kaum durch. Über die Digitalisierung im Mittelstand wird zwar insgesamt viel gesprochen, aber die Mittelständler selbst reden kaum mit. Meine These: Diese Diskrepanz hat seinen Ursprung zum Teil auch in dem „Fremdeln“ der Kommunikationsexperten gegenüber Themen wie Big Data.

Smarte Daten

Außer dem fehlenden Know-how stehen viele Unternehmen auch vor technischen und organisatorischen Herausforderungen. Die Daten existieren, aber sie sind oft schön verschlossen in irgendwelchen Daten-Silos: Online Marketing, Social Media, Corporate Communication, Recruiting – überall werden Daten über und für die Kommunikation erzeugt. Die zentrale (und rechtlich saubere) Zusammenführung der Daten und eine einheitliche Datenarchitektur zur Strukturierung und granularen Auswertung fehlen aber häufig – und das ist in Zeiten der DSGVO auch aus rechtlicher Sicht mitunter eine große Herausforderung.

Baby Steps

Bedeutet das dann, dass man als Kommunikator gar nicht erst anfangen sollte, einen Kampf gegen Windmühlen zu beginnen? Nein, natürlich nicht. Es helfen auch schon Baby Steps. Denn schon die Nutzung der vorhandenen Daten innerhalb der eigenen Abteilung kann einen großen Mehrwert bringen. Durch den stetigen Einsatz im Kleinen verbessern sich die Fähigkeiten der Teams und letztendlich auch das Mindset.

Konkret kann das beispielsweise so aussehen: Ein strategisch wichtiges Thema wird über den eigenen Blog durch verschiedene Artikel beleuchtet, dazu werden eine beworbene Social-Media-Kampagne und eine Presseinformation entwickelt. Nun zieht man die Performance der bereits veröffentlichten Blogbeiträge als Grundlage heran und betrachtet beispielsweise die Verweildauer, die Clickthrough Rate oder die Position in den Suchergebnissen. Der Beitrag beziehungsweise das darin behandelte Thema, das am besten performt, könnte dann als Aufhänger für die Social-Media-Kampagne herhalten und als Absatz in der Presseinformation ganz vorne stehen. Zudem werden die Beiträge, die schlechter performen, weiter optimiert: anderes Titelbild, angepasste Überschrift oder ganze Absätze anpassen. Die Daten werden also nicht nur für die Planung der Maßnahmen genutzt, sondern auch zur kontinuierlichen Verbesserung der Inhalte. Zudem dienen sie als Richtschnur für die künftige redaktionelle und gestalterische Ausarbeitung.

Analyse und Kreation “Hand in Hand”

Die smarten Daten dienen so als Gerüst für die kreative Umsetzung. Ob es um ein passendes Visual geht oder die richtige Überschrift – ich muss nicht mehr in alle erdenklichen Richtungen kreativ sein, sondern fokussiere mich auf die für meine Zielgruppe relevantesten Aspekte. Analyse und Kreation arbeiten zusammen und ermöglichen so erst kreative und zugleich wirksame Lösungen, die einen tatsächlich dem eigentlichen Ziel näherbringen. Und das ist eine Form der Kreativität, die ich mag – jeden Tag.

 


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