Messen sind seit Jahren das Marketinginstrument Nummer eins, auf das im B2B-Bereich die größten Budgets entfallen. Dies bestätigt die jährliche bvik-Studie “B2B-Marketing-Budgets”. Doch was ist für Industrieunternehmen bei der Auswahl der Messen wichtiger, die Besuchermenge oder doch die Besucherqualität?
Die Menge macht’s: Nach dieser Devise wurde über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in der Messewirtschaft verfahren, gerade bei Besucherzahlen. Die Veranstalter haben sie oft in den Vordergrund gestellt, die Medien stellten sie gern ins Zentrum ihrer Berichterstattung, auch viele Aussteller ließen sich davon beeindrucken. Und manchmal hat man den Eindruck, sehr viel hat sich an dieser Sichtweise nicht verändert.
Aber welchen Nutzen haben Rekordmeldungen wirklich für den Aussteller? – Möglicherweise keinen. Denn ihm sollte es darum gehen, dass die „richtigen“ Besucher da sind, also seine Zielgruppe und damit seine (potenziellen) Kunden. Und wie findet man heraus, ob die „richtigen“ Besucher da sind? Manche Aussteller meinen, eigene Recherchen im Vorfeld seien nicht nötig – wenn genug Masse da ist, werden schon die richtigen mit dabei sein. Da kann man sich täuschen, denn selbst 100.000 Besucher helfen dem Aussteller wenig, wenn er am Ende der Messe feststellt, dass aus seiner Zielgruppe fast niemand da war. Also geht es um die Besucherstruktur. Und welche Aspekte sind hier bei einer B2B-Messe wichtig? Befragungen von Ausstellern haben ergeben, dass die Firmen folgende Besucher-Merkmale als besonders wichtig bei Entscheidungen für eine Messebeteiligung ansehen: Branche, Stellung im Betrieb und Einfluss auf Beschaffungsentscheidungen, Aufgabenbereich und ergänzend spielt je nach Zielsetzung des Ausstellers die regionale Herkunft der Besucher eine relevante Rolle.
Inhaltsverzeichnis
1. Branche
Dass die Branche stimmen muss, wenn man potenzielle Kunden erreichen will, erscheint selbstverständlich. Aber ein Aussteller sollte hier nicht zu eng denken. Manchmal ist sein Produkt auch für Branchen interessant, an die er zunächst gar nicht gedacht hat. Also sollte man bei der Auswahl von Messen auch einmal Experimente wagen, solange das Risiko auch finanziell überschaubar ist.
2. Berufliche Stellung im Betrieb
Information zur beruflichen Stellung des Besuchers. Ist das wichtig? Reicht es nicht, wenn die Branche stimmt? Aber es ist sehr wohl relevant, auf welcher Ebene ein Aussteller mit Besuchern sprechen oder verhandeln kann, wie viele Besucher also eher Entscheider oder Anwender sind, gerade wenn man das Ziel Geschäftsabschlüsse verfolgt. Wichtig ist dies auch für die Auswahl des Standpersonals. Ein hochrangiger Entscheider erwartet eben, dass er auf entsprechende Vertreter des ausstellenden Unternehmens trifft.
Und noch ein Blick auf das vermeintlich andere Ende der Hierarchie: Studenten, Auszubildende oder auch Fachschüler sind angesichts des Fachkräftemangels in vielen Branchen eine zunehmend interessante Besucher-Zielgruppe. Erwähnenswert ist dabei, dass der Anteil der Messebesucher aus dieser Gruppe ist gar nicht so klein ist: Im Durchschnitt sind es acht Prozent auf den internationalen Messen in Deutschland. Viele Aussteller haben dieses Potenzial bereits erkannt: Fast ein Viertel der Aussteller setzt sich im Vorfeld das Messeziel “Recruiting”.
3. Einfluss bei Einkaufs- oder Beschaffungsentscheidungen
Sogenannte „Chefmessen“, bei denen der Aussteller direkt auf der Messe konkrete Geschäfte anbahnen oder abschließen kann, sind hier leicht zu identifizieren. Aber die Alleinentscheider stehen nicht immer für große Auftragsvolumina, etwa wenn es sich um kleine Einzelhändler handelt. Auf Investitionsgütermessen mit vielen Besuchern aus größeren Unternehmen dominiert eher die Mitentscheider-Ebene, die aber oft ein erhebliches Beschaffungsvolumen repräsentiert. Und Personen mit nur beratendem Einfluss sind keineswegs gering zu schätzen. Denn das sind oft die Anwender. Sie bestimmten vielleicht nicht dabei mit, ob etwa eine Maschine gekauft wird, aber sehr wohl bei der Frage, welcher Hersteller zum Zuge kommt.
4. Aufgabenbereich der Besucher
Der Aussteller kann hier erkennen, dass Investitionsgütermessen nicht nur von Technikern und Beschaffungsvorständen und Konsumgütermessen nicht nur von Einkäufern besucht werden. Vielmehr wirken gerade in größeren Unternehmen oder bei Spezialbeschaffungen auch Vertreter der jeweiligen Fachabteilungen an den Entscheidungsprozessen mit. Und Konsumgütermessen werden auch von Verkäufern und Marketingexperten besucht. Diese suchen beispielsweise Anregungen für die Warenpräsentation im Einzelhandel. Aussteller sollten sich also auch auf Kontakte mit solchen Besuchergruppen einrichten, die eine wichtige Funktion für die Marktdurchsetzung von Produkten haben. Und die Aussteller können mit der Form der Produktpräsentation auf dem Messestand Empfehlungen geben, wie ein Produkt dem Endkunden präsentiert werden kann.
5. Regionale Herkunft der Besucher
Wer nicht schon auf dem Weltmarkt etabliert ist, sondern vielleicht gerade erst in Deutschland oder auch nur in einem Bundesland, kann auf Messen neue regionale Zielgruppen erschließen. Aber diese Gruppen müssen auch da sein! Wer auf deutschen Messen neue Kunden aus Asien gewinnen will, kann durchaus erfolgreich sein. Aber er muss erst herausfinden, wie viele Besucher aus Asien es auf den passenden Branchenmessen überhaupt gibt. Das gleiche gilt im kleinen Maßstab, wenn etwa ein norddeutsches Unternehmen nach Bayern oder Baden-Württemberg expandieren möchte.
Generell gilt: Auf Versprechungen im Messetitel – Weltmesse, Leitmesse, internationale/nationale Messe – sollte man sich nicht ausschließlich verlassen. Wo aber findet man die Besucherstrukturdaten – vom Aufgabenbereich bis zur regionalen Herkunft? In den Tiefen der einzelnen Messe-Websites wird man meistens fündig, ob unter Rückblick, Daten und Fakten oder ähnlichem. Aber häufig gibt es hier nur eine Auswahl von Daten. Ein breites und vergleichbares Spektrum von Daten bieten die Besucherstrukturtests der FKM – Gesellschaft zur Freiwilligen Kontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen, die zehn Basisfragen umfassen – zu finden in der AUMA/FKM-Onlinedatenbank (www.auma.de oder www.fkm.de). Diese Daten und der Ablauf der Befragung werden von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer zertifiziert. Für Marketer gilt es, diese Zahlen den eigenen Zielsetzungen gegenüberzustellen, die hoffentlich möglichst exakt formuliert und quantifiziert sind. Denn ohne Bezugsgrößen kann jedes Messe-Ergebnis zu Erfolg oder Misserfolg werden!
Fazit: Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen – natürlich geht es um Besuchermenge und Besucherqualität, wenn man sich für oder gegen eine Messe entscheidet. Wenn auf einer Messe fünf Prozent der Besucher aus der richtigen Zielgruppe kommen, kann das ausreichend sein, aber nicht, wenn insgesamt nur 1.000 Besucher kommen.
LESETIPPS:
Im bvik-Whitepaper “Messekommunikation im B2B” erfahren Sie, worauf Unternehmen bei der Messekommunikation im digitalen Zeitalter achten müssen und wie sie reale und virtuelle Welt sinnvoll verknüpfen, um die Potenziale einer Messebeteiligung optimal auszuschöpfen.
im Industrieanzeiger-Artikel “Networking und Erlebnisse pur” von Dr. Peter Neven, Hauptgeschäftsführer des AUMA, erfahren Sie Interessantes rund um die Messetrends 2019.
Mehr zu unserem Schwerpunktthema Messe erfahren Sie auch auf den folgenden bvik-Events. Seien Sie bei den bvik-Messerundgängen auf der HANNOVER MESSE (2. April) und der bauma (9. April) dabei und werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen ausgesuchter Messestände und erhalten exklusive Insider-Informationen rund um das Messemarketing. Eine Premiere feiern wir mit dem Nachmittagsevent am 2. April, ebenfalls auf der #HM19 mit dem Titel “Digital meets analog: Messe Content im B2B“. Am 7. Mai stellen wir uns bei der NürnbergMesse die Frage: Quo vadis Messe? Dabei zeigen wir auf, wie Sie das Marketing-Erlebnis des Face-To-Face Momentums über digitale Kanäle verlängern können.