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So gelingt gendergerechte Sprache in der B2B-Kommunikation!

In der Welt der Digital Natives müssen Unternehmen viel zielgerichteter und klarer kommunizieren, um bei ihrer Zielgruppe zu punkten. Eine gendergerechte Kommunikation gewinnt zunehmend an Bedeutung. Erfahren Sie, wie man erfolgreich „gendert“, welche Schritte bei der Einführung zu beachten sind und was eine gendersensible Kommunikation für Ihre Unternehmensmarke, den Vertrieb und das Employer Branding ausmachen kann.

 

Warum sollen B2B-Unternehmen gendern?

Kaum ein Thema hat die öffentliche Diskussion von Texter*innen, PR- Berater*innen und Sprachwissenschaftler*innen in den letzten Jahren so angeheizt wie die gendergerechte Sprache. Während wir heute ganz selbstverständlich weibliche Kaufleute als „Kauffrauen“ bezeichnen, entfachte der Begriff in den 1970er-Jahren noch eine große Diskussion. Damals spiegelte die Sprache eine Gesellschaft wider, in der die meisten Männer das Geld verdienten, während Frauen die Aufgaben im Haushalt übernahmen. Mittlerweile hat sich das Berufsleben allerdings verändert und viele Frauen fühlen sich in zahlreichen Job- und Positionsbezeichnungen nicht ausreichend repräsentiert sowie in alte Rollenbilder gedrängt – ob das nun die Putzfrau, der Feuerwehrmann, die Krankenschwester oder der Chefarzt ist.

Passt die Gesellschaft ihr Sprachverhalten an die neue Alltagsrealität an, verschwinden diese stereotypen Klischees. Zudem wird so Akzeptanz und Vielfalt gefördert. Damit tragen B2B-Unternehmen, die gendergerecht kommunizieren, nicht nur zur Gleichbehandlung und Gleichstellung von Männern und Frauen bei, sondern schärfen gleichzeitig ihre Unternehmens- und Arbeitgebermarke. Mit der zeitgemäßen Kommunikation schaffen sie außerdem Wettbewerbsvorteile, sowohl im Vertrieb als auch im Recruiting. Denn gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann das passende Cultural Fit zwischen Unternehmen und Bewerber das i-Tüpfelchen eines erfolgreichen Bewerbungsprozess darstellen.

Die wichtigsten Gründe im Überblick:

Männlich, weiblich oder divers? – Die gendergerechte Kommunikation spielt auch im B2B-Bereich eine zunehmend wichtigere Rolle, um die Zielgruppen zielgerichteter und individueller anzusprechen. Doch hierbei gibt es einiges  zu beachten. Bildquelle: FLUTLICHT GmbH

Der Startschuss: Die thematische Auseinandersetzung

Egal ob sich ein B2B-Unternehmen für eine gendergerechte Sprache entscheidet oder nicht: Es ist wichtig, dass es sich dem Thema stellt. Firmen sollte bewusst sein, dass sie sich mit der Art und Weise, wie sie kommunizieren, immer positionieren – ob sie es wollen oder nicht. Die Entscheidung, ob ein Unternehmen gendert, ist von mehreren Faktoren abhängig:

Beispielsweise könnte sich ein Unternehmen gegen die Einführung einer gendergerechten Sprache entscheiden, wenn es fürchtet, damit auf negative Reaktionen in einem konservativen Vertriebsumfeld zu stoßen. In diesem Fall empfiehlt es sich, ein Statement ausarbeiten, um den Entschluss – unter anderem bei negativen Kommentaren auf Social Media – jederzeit intern wie extern nachvollziehbar begründen zu können.

Will ein Unternehmen dahingegen eine gendergerechte Sprache einführen, ist ein Leitfaden für alle Mitarbeitenden notwendig, um sie einheitlich zu regeln. Schließlich ist auch das geschriebene und gesprochene Wort Teil der Corporate Identity, die eine Wiedererkennung und eine eindeutige Positionierung eines Unternehmens im Wettbewerb fördert.

Wie wird gegendert?

Es gibt viele Möglichkeiten zu gendern – und jede hat ihre Vor- und Nachteile. Unternehmen sollten sich daher unbedingt für einen Weg entscheiden und diesen einheitlich umsetzen.

Individualisieren

Die direkte Ansprache in der Anrede bei Briefen oder E-Mails ist die geläufigste Form, um Begriffe zu individualisieren. Die Geschlechts- und Genderidentität der adressierten Person wird hier meist automatisch berücksichtigt, zum Beispiel:

Übrigens: Die direkte Ansprache erspart nicht nur in der Anrede die Suche nach genderneutralen Ausweichmöglichkeiten. Auch in Texten, in denen die Leser*innen adressiert werden können, ist sie eine große Hilfe, zum Beispiel:

Es sollte aber auch in Fließtexten darauf geachtet werden, Berufsbezeichnungen an das jeweilige Geschlecht anzupassen, zum Beispiel:

Neutralisieren

Für zahlreiche Bezeichnungen gibt es geschlechtsneutrale Formen, zum Beispiel:

Daneben helfen manchmal Pluralformen, um geschlechtsspezifische Begriffe zu vermeiden, zum Beispiel:

Anhand von Verben können geschlechtsneutrale Begriffe gebildet werden, zum Beispiel:

Die ausgeschriebene Form

Können Begriffe nicht genderneutral dargestellt werden, müssen sie im männlichen und weiblichen Genus ausgeschrieben werden. Diese Herangehensweise ist in der Praxis allerdings in der Regel mit langen Sätzen verbunden, zum Beispiel bei:

Kurzformen

Nachdem Textarten wie Advertorials meist Wortbegrenzungen haben, bieten sich in der gendergerechten Sprache oft Kurzformen an.
Wichtig: Bei Kurzformen ergeben sich bei manchen Formulierungen grammatikalische Fehler. Da die feminine Endung direkt an den Wortstamm gehängt wird, geht der maskuline Genus bei einigen Begriffen verloren, beispielsweise bei „Kolleg*in“ oder „Kund*in“.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für gendergerechte Kurzformen, unter anderem den Doppelpunkt, zum Beispiel:

den Gendergap (Achtung: Bei unterstrichenen Texten geht der Gap verloren), zum Beispiel:

das Binnen-I (Achtung: Hier kann der Eindruck entstehen, dass die weibliche wichtiger als die männliche Form ist), zum Beispiel:

den Schrägstrich, zum Beispiel:

und den Genderstern, zum Beispiel:

Tipp: Die Lesbarkeit vieler Sätze kann verbessert werden, indem der Plural Anwendung findet: „Die Referent*innen präsentieren die Themen, die sie ausgearbeitet haben.“ (statt: „Die*der Referent*in präsentiert die Themen, die sie*er ausgearbeitet hat.“)

 

How-To: Leitfaden für gendergerechte Sprache

Wenn sich Ihr Unternehmen für eine gendergerechte Sprache entschieden hat, empfehlen wir folgende Schritte, um das Gendern erfolgreich und nachhaltig zu implementieren:

1. Sensibilisieren Sie Ihr Team für das Thema!

Viele Personen, die sich gegen eine gendergerechte Sprache positionieren, fürchten, dass ihnen diese aufgezwungen wird. Holen Sie also Mitarbeitende ins Boot, beispielsweise indem Sie ein Brainstorming oder ein Meeting aufsetzten oder eine Arbeitsgruppe zu dem Thema bilden. Erklären Sie, weshalb gendergerechte Sprache wichtig ist und treffen Sie die Entscheidung, ob, wie und wann Ihr Unternehmen gendern will, abteilungsübergreifend im Team.

2. Erarbeiten Sie einen Leitfaden für eine einheitliche Sprache!

Sind alle von der Idee überzeugt, müssen Sie den Kolleg*innen die richtigen Werkzeuge an die Hand geben. Stellen Sie einen Leitfaden auf, der die gendergerechte Sprache einheitlich regelt und deutlich macht, wie Ihr Unternehmen zukünftig nach innen und außen kommunizieren möchte.

3. Behalten Sie die Lesbarkeit und die Sichtbarkeit im Netz im Auge!

Zwar zeigt eine Studie der TU Braunschweig, das Gendern die Textverständlichkeit nicht beeinträchtig. Dennoch wirken Texte, die nur noch aus Kurzformen bestehen, für viele eher abschreckend. In diesem Fall können neutrale Formulierungen Abhilfe schaffen. Und wenn die Suche nach einem genderneutralen Begriff das Wording ins Unverständliche treibt, dann sollte auch nicht auf Biegen und Brechen gegendert werden.
Achtung: Viele Kurzformen wie beispielsweise der Genderstern werden nicht von Suchmaschinen erkannt und sollten daher im Keywording vermieden werden, um die Auffindbarkeit im Netz nicht zu erschweren!

4. Bleiben Sie gelassen und feiern Sie Erfolge!

Aller Anfang ist schwer. Ab und zu rutscht in einer E-Mail mal das generische Maskulinum mit durch. Das ist normal und sollte – ohne mit dem Fingerzeig – verziehen werden, schließlich sind wir damit aufgewachsen. Loben Sie Mitarbeitende daher, wenn sie sich um die genderneutrale Ausdrucksweise bemühen. Wenn Sie aufgrund der gegenderten Sprache Erfolge verzeichnen, heben Sie diese positiv hervor. Fakten, wie ein höheres Engagement auf Social-Media-Kanälen oder positives Feedback von Bewerbern lassen Gender-Kritiker schnell verstummen.

5. Achten Sie auf Gendern in der Bildsprache!

Nicht nur der Text, auch Bilder können gegendert werden. Stellen Sie klischeehafte Darstellungen zukünftig infrage und beseitigen Sie Stereotype aus dem Corporate-Fotomaterial. Ziel ist es, auf eine Ausgewogenheit zu achten und Ihre echte, gelebte Vielfalt in der Bildsprache zu betonen.

6. Fixieren Sie einen Startschuss für die Umstellung!

Die Umstellung auf eine gendergerechte Sprache ist mit viel Arbeit verbunden: Dokumente und Webseiten müssen angepasst und Mitarbeitende informiert werden. Legen Sie daher einen Zeitpunkt fest, ab wann die gendergerechte Sprache gilt. Wählen Sie diesen realistisch und achten Sie darauf, dass noch genug Zeit bleibt, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Welche Dokumente angepasst werden, müssen mit der Geschäftsführung, dem Vorstand, der Legal- und der HR-Abteilung abgesprochen werden. Nicht jedes „alte“ Dokument braucht ein Update. Diese Abstimmungen ersparen oft viel Arbeit.

Fazit

Ein Blick in den öffentlichen Diskurs zeigt: Gendern polarisiert. Daher ist es wichtig, dass sich B2B-Unternehmen aktiv mit dem Thema auseinandersetzen. Gendern ist zwar kein Muss, aber ein wichtiges Statement – auch für eine moderne Kommunikation. Wer wie wir den Gender-Einstieg vollzogen hat, kann es vielleicht bestätigen: Es braucht nicht die großen Budgets, nur etwas Zeit, Mut zur Gelassenheit und abteilungsübergreifend ein paar Gender-Advokat*innen. Eine hilfreiche Unterstützung finden Sie zudem im Glossar von GeschicktGendern.de , beim Projekt genderleicht.de des Journalistinnenbundes oder im „Leitfaden für eine geschlechtersensible und inklusive Sprache“ (TU Berlin).

 


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