
B2B-Marketing der Zukunft: NEW BUSINESS – NEW MARKETING – NEW CULTURE
Der siebte TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION fand am 27. Juni 2019 im veranstaltungsforum fürstenfeld in Fürstenfeldbruck (bei München) statt. Zur jährlichen B2B-Leuchtturm-Veranstaltung des Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik) waren diesmal 300 Marketingexperten aus Unternehmen und Agenturen gekommen – so viele wie noch nie zuvor. Von hochkarätigen Speakern aus Industrie und Wissenschaft erfuhren sie, wie sich das Marketing und die Arbeitswelt durch neue Geschäftsmodelle und Technologien in Zukunft verändern werden.
Digitalisierung bedeutet Veränderung. Auch die B2B-Kommunikation ist im Umbruch. Was die einen als Unsicherheit empfinden, nutzen andere bereits erfolgreich als Chance für ihren Fortschritt. Der TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION bot beiden Seiten eine Plattform, sich auszutauschen und voneinander zu lernen: 300 Marketingentscheider kamen auf dem Leuchtturm-Event des bvik zusammen, um von hochkarätigen Keynote-Speakern, Wissenschaftlern und Experten aus der Praxis zu erfahren, welche Themen und Trends das B2B-Marketing in Zukunft bestimmen werden: Welche neuen Geschäftsmodelle werden sich durchsetzen? Wie muss sich das Selbstverständnis des Marketings ändern? Und was bedeutet das für das Mindset der Mitarbeiter?
Kai Halter, Vorstandsvorsitzender des bvik, betonte in seiner Eröffnungsansprache, wie wichtig es sei, gelegentlich über den Tellerrand des Marketing-Alltags hinaus in die Zukunft zu blicken. „Der TIK setzt gezielt auf eine Verknüpfung von Theorie und Praxis, von Dienstleistern und Industrieunternehmen, von impulsgebenden Vorträgen und persönlichem Austausch.“ Und damit treffe der bvik offensichtlich einen Bedarf, wie die stetig wachsende Teilnehmerzahl zeige. Diese habe sich seit dem ersten Event im Jahr 2011 mehr als verfünffacht. Halter dankte auch allen Sponsoren und Kooperationspartnern, ohne deren Unterstützung eine Konferenz dieser Größenordnung kaum möglich wäre.
Wie bereits in den vergangenen Jahren führte Moderatorin Denise Maurer mit ihrer lockeren und sympathischen Art souverän und charmant durch den Tag. Sie fühlte den Referenten auch auf den Zahn und war das Bindeglied zum Publikum. Dabei kam erneut die bvik-App zum Einsatz, über die Teilnehmer Fragen an die Referenten richten und an Live-Abstimmungen teilnehmen konnten.
Für eine besondere Art der Event-Dokumentation sorgte auch in diesem Jahr wieder Businesszeichnerin Dagmar Gosejacob: Die Künstlerin hielt sämtliche Vorträge des Tages visuell in Form von Zeichnungen – sogenannten Graphic Recordings – fest. Die dabei entstandenen Kunstwerke wurden bei der Abendveranstaltung, der NACHT DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION (NIK) powered by Evalanche den Teilnehmern präsentiert. Aber auch der Abend wurde bildhaft festgehalten. Illustrator Ralf Marczinczik brachte mit seinen Zeichnungen die Stimmung der NIK zu Papier.
Die Firmenkultur als Erfolgsfaktor in der digitalen Transformation
Zum Auftakt der Konferenz zeigte Stefan Hentschel, Industry Leader Tech-Industrial bei Google Germany, eindrücklich auf, dass sich die Spielregeln im B2B-Markt derzeit massiv verändern. Waren bisher für den Erfolg eines Unternehmens vor allem Kosteneffizienz, Prozessoptimierung und schrittweise Innovationen entscheidend, wird es künftig auf andere Aspekte ankommenden: „Entscheidend für das Überleben der Unternehmen wird die Fähigkeit zur Anpassung sein“, ist Hentschel überzeugt. Wer im digitalen Zeitalter mithalten will, muss sich radikal verändern. „Es geht nicht nur um die Einführung einer neuen Technologie. Wir brauchen radikale Veränderungen. Bestehende Methoden und Denkstrukturen müssen infrage gestellt werden. Und das ist eine Frage der Firmenkultur: Sie wird den Wandel treiben, nicht die Technologie.“
Wie Unternehmen auf die sich verändernden Bedingungen regieren müssen, erfahren Sie im Interview mit Stefan Hentschel „Unternehmen müssen früh genug Trends setzen!“
NEW BUSINESS
Die Bedeutung digitaler Plattformen im B2B wächst
Zu Beginn der Veranstaltung standen neue digitale Geschäftsmodelle sowie die Plattformökonomie auf der Agenda. Die Referenten zeigten dabei, wie sich die Arbeitswelt durch Plattformen verändert.
Dr. Holger Schmidt, Digital Economist und Autor, eröffnete den Themenblock „NEW BUSINESS“ mit einem Vortrag über „Plattformen als Gamechanger der digitalen Ökonomie“. Er zeigte auf, wie sehr sich durch das digitale Geschäftsmodell in den vergangenen Jahren die Machtverhältnisse in den Märkten verschoben und die Interaktion zwischen Unternehmen verändert haben. Für das Marketing ergeben sich dadurch neue Strategien und Möglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen. „In der Kommunikation geht es nicht mehr nur um die Produkte und Konsumenten. Sie muss nun die Partner in den Fokus rücken und die Netzwerkeffekte kommunikativ unterstützen“, so Schmidt. „Die größte Stärke von Plattformen wie Alibaba sind die Interaktionsdaten. Sie ermöglichen den Eintritt in immer neue Geschäftsfelder. Hinzu kommt das Ecosystem. Das bietet den Kunden einen Mehrwert, den ein Unternehmen allein niemals in dem Ausmaß und vor allem nicht in diesem Tempo erreichen könnte.“
Auch den B2B-Bereich werden Plattformen in den kommenden Jahren massiv verändern. Davon sind 78 Prozent der im bvik-Trendbarometer befragten Marketingentscheider überzeugt. Schmidt appellierte daher an die Zuhörer, schnell zu handeln und nicht Playern wie Amazon Business, der am schnellsten wachsende Sparte im Amazon-Konzern, das Feld zu überlassen.
Mehr zu Plattform-Geschäftsmodellen im B2B erfahren Sie im Interview mit Dr. Holger Schmidt.
Digitaler B2B-Marktplatz eines Konzerns
Einblicke in die Praxis eines B2B-Unternehmens gewährte anschließend Heiko Onnen, Geschäftsführer der WUCATO Marketplace GmbH, einem Spin-Off der Würth Gruppe. Das Unternehmen hat 2016 mit WUCATO eine digitale Plattform gelauncht, um die Einkaufsprozesse für Industrie und Mittelstand zu optimieren. Seitdem ist die Plattform rasant gewachsen und bietet heute knapp vier Millionen Produkte von 70 verschiedenen Herstellern. Onnen berichtete von der Konzeption und Entstehung des Marktplatzes und den wesentlichen Learnings.
„Exzellente Kundenberatung, ein starkes Lieferantennetzwerk, hohe Produktqualität, saubere Prozesse und kontinuierliche Verbesserungen sind für die erfolgreiche Einführung einer Plattform entscheidend. Ziel muss es sein, das Einhorn unter den Pferden zu werden“, erklärte Onnen. In jedem Fall müsse man sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen: „Plattformen werden einen großen Einfluss auf die Beschaffungsprozesse im B2B haben“, ist Onnen überzeugt.
Neue Geschäftsmodelle erfordern mehr als digitales Wissen
Einen weiteren Praxis-Case aus dem B2B-Bereich präsentierte Petra Baumann, Director Corporate Marketing bei der Phoenix Contact GmbH & Co. KG. Sie stellte das Geschäftsmodell von Protiq vor, einem digitalen Marktplatz für additiv gefertigte Produkte. Den Mehrwert der Plattform sieht sie darin, dass die Produktionseffizienz gesteigert und gleichzeitig die Komplexität für den Kunden reduziert werden könne.
Baumann zeigte in ihren Vortrag auch auf, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um neue, digitale Geschäftsmodelle auf den Weg zu bringen: „Es braucht nicht nur digitales Wissen, sondern auch eine hohe Lernbereitschaft im Unternehmen. Die Mitarbeiter sollten ausreichend Freiräume bekommen, um Neues auszuprobieren.“
NEW MARKETING
Der CMO als Treiber für den kulturellen Wandel
Der zweite Themenblock des Tages richtete unter dem Titel „NEW MARKETING“ den Blick auf die sich verändernden Aufgaben und Rollen im Marketing.
Jan Pilhar, Executive Director bei IBM, machte in seinem Impulsvortrag gleich zu Beginn deutlich, dass sich die Anforderungen an den CMO radikal gewandelt haben. Im Hinblick auf das Erlebnis an den Kontaktpunkten ist für Kunden nicht mehr der direkte Wettbewerb der Vergleichsmaßstab, sondern Digital Leaders wie Amazon und Apple. Hier für ein holistisches, überzeugendes Kundenerlebnis zu sorgen, ist eine der großen Aufgaben des „modernen Marketing-Mandats.“
Ein weiterer Faktor ist, dass Marketer heute nicht nur über Botschaften und Kanäle entscheiden müssen, sondern auch über die richtigen Technologien. Bereits 2017 gaben CMOs fast genauso viel für Technologien aus wie CIOs. Das erfordert neue Skills in den Unternehmen. „Ob er will oder nicht – der Marketingleiter hat heute auch einen IT-Job“, so Pilhar.
Wie sich die Rolle des CMO verändert, beschreibt Jan Pilhar in seinem Blog-Beitrag „Das moderne Marketing-Mandat“.
Nicht der Marketer allein ist für das Marketing zuständig
Ähnlich wie sein Vorredner betonte auch Dr. Guido Purper, Leiter Marketing Communication bei Festo, die wichtige Rolle der IT im modernen B2B-Marketing: „Die Technologie ist da, und sie geht auch nicht mehr weg. Marketing und IT müssen daher eng zusammenarbeiten.” Für ihn steht fest, dass heute nicht mehr der Marketer alleine für das Marketing zuständig ist. Vielmehr kann ein B2B-Unternehmen nur dann erfolgreich sein, wenn etablierte Rollenverteilungen infrage gestellt und das Silo-Denken aufgebrochen werden. Sämtliche benachbarte Disziplinen müssen zusammenarbeiten. Anhand eines Beispiels aus dem eigenen Unternehmen zeigte er, wie das in der Praxis aussehen kann.
Mit Blick auf die Zukunft des B2B-Marketings stellte Purper einige interessante Hypothesen auf: „In den nächsten 30 Jahren wird es im Marketing keine Innovationen geben, die nicht massiv digital bzw. IT-getrieben sind.“ Seiner Meinung nach wird vor allem die Künstliche Intelligenz (KI) das Marketing und auch die Marketingorganisationen enorm verändern. IT-Skills würden daher immer wichtiger und lupenreine Marketingfunktionen schon in zehn Jahren die Ausnahme sein.
Marketing wird vom Getriebenen zum Treiber
Thomas Brückle, Bereichsleiter Marketing bei Geberit, schloss den Themenblock „NEW MARKETING“ mit Einblicken in die Marktbearbeitungsprozesse eines Anbieters von Sanitärtechnik. Dabei zeigte er, wie es gelingen kann, völlig unterschiedliche Prozesse in Vertrieb, Marketing und IT sinnvoll miteinander zu verschränken und Daten-Silos zu konsolidieren. Entscheidend dabei sei vor allem, die Zuständigkeiten genau zu definieren und die Vertriebsmitarbeiter frühzeitig einzubinden.
„Der Vertrieb ist sehr viel näher dran am Markt und den Bedürfnissen des Kunden. Ihr Input ist daher für die Marktbearbeitung sehr wertvoll. Aus diesem Grund sollte sich das Marketing auch mal zurücknehmen und sich auf eine Moderatorenrolle beschränken“, machte Brückle deutlich.
NEW CULTURE
Die Talente von morgen gewinnen
Dr. Anna-Maria Karl, Leiterin Global Talent Sourcing bei Daimler, stieg in den letzten Themenblock des Tages mit einem Impulsvortrag zum Thema „Future Skills and Future Leaders“ ein. Sie wies auf die Schwierigkeit von Unternehmen hin, Top-Führungskräfte zu finden. Die Unternehmen würden sich heute beim Kandidaten bewerben – nicht umgekehrt. Das erfordere neue Ansätze und ein Umdenken im Management. „Die Talententwicklung ist keine Aufgabe für nebenbei, sondern entscheidend für die Zukunft des Unternehmens“, erklärte Karl.
Die Personalerin zeigte auch, welche Eigenschaften und Fähigkeiten junge Talente mitbringen sollten: „In einer Welt der Unsicherheit haben Führungskräfte die Aufgabe, Orientierung und Sinn zu geben. Es kommt daher verstärkt auf soziale Kompetenzen und ein offenes Mindset an.“ Eine möglichst breite Grundausbildung hält Karl nach wie vor für wichtig: „Was wir bisher gelernt haben, ist nicht wertlos. Es befähigt uns, den Kopf umzustellen, uns für Neues zu öffnen und innovativ zu sein.“
Im Interview „Digitale Skills und agile Arbeitsmethoden gewinnen an Bedeutung.“ beschreibt Dr. Anna-Maria Karl, welche Fähigkeiten Marketer in Zukunft benötigen und wie dies das Employer Branding beeinflusst.
Die Jungen laufen schneller – die Alten kennen Abkürzungen
Ein Streitgespräch der Generationen lieferten sich anschließend Sarna Röser, Mitglied der Geschäftsleitung von Röser FAM, und Helmut Muthers, Berater und Autor. Die beiden Referenten zeigten auf amüsante Weise auf, wie jüngere und ältere Menschen heute ticken und wie sie sich für eine neue digitale Arbeitswelt begeistern lassen.
Muthers betonte, dass Ältere nicht weniger leistungsfähig seien als Jüngere. Im Gegenteil: In Sachen Erfahrung und sozialer Kompetenz seien sie ihnen sogar überlegen. Er wünscht sich daher mehr Wertschätzung: „Wir müssen uns von den herkömmlichen Altersbildern verabschieden. Die Älteren fühlen sich jung, wollen noch anpacken und werden auch immer technikaffiner. Für Unternehmen sind sie eine wichtige Ressource. Wir brauchen fitte, digitale Alte!“ Röser machte im Gegenzug deutlich, dass junge Menschen ganz andere Erwartungen an die Arbeitswelt haben und forderte mehr Vertrauen: „Die Generation Y will Sinn in der Arbeit finden. Sie will geführt, aber nicht gemanagt werden.“
Einig waren sich beide, dass man nur gemeinsam stark ist: Das neue Denken der Jugend gilt es, mit der Erfahrung der Älteren zu kombinieren. Dazu müsse man den Austausch suchen, generationenbedingte Unterschiede wertschätzen und bereit sein, voneinander zu lernen.
Den Generationen-Disput beschreibt Helmut Muthers in seinem Blog-Beitrag.
Was kommt nach der Digitalisierung?
Den krönenden Abschluss des interessanten Tagesprogramms bildete eine inspirierende Keynote des Wirtschaftsphilosophen Anders Indset. Der Norweger, den einige auch als „digitalen Jesus“ oder „Rock’n’Roll Plato“ bezeichnen, regte mit Fakten und Thesen über unsere Gesellschaft die Teilnehmer zum Nachdenken an. Dabei betonte er die Notwendigkeit einer neuen Sicht auf die Welt: „Die Welt braucht nicht nur ein Update, sondern ein völlig neues Betriebssystem.“ Für die entscheidenden Herausforderungen unserer Zeit – den Klimawandel und den Umgang mit intelligenten Technologien – müssten neue Ansätze und Denkweisen her. Eine bessere Kommunikation und ein menschlicherer Umgang miteinander seien hier besonders wichtig. „Wir müssen aus dem schöpfen, was uns als Menschen ausmacht. In unseren Gefühlen, Gedanken und in kleinen Veränderungen im Alltag liegt das große Potenzial“, brachte es Indset auf den Punkt.
„Wir müssen JETZT die Zukunft gestalten!“ – Das ist die Meinung von Anders Indset im Interview mit dem bvik.
Nach einem mit Zukunftsausblicken und Inspirationen vollgepackten Konferenztag lud der bvik zum Abschluss alle Teilnehmer zur NACHT DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION powered by Evalanche ein. Im Innenhof des ehemaligen Zisternenklosters ließen die Teilnehmer bei sommerlichem Barbecue und stimmungsvoller Musik, für die DJane Ingrid Häfner von ONEWOMAN ENTERTAINMENT sorgte, den Tag ausklingen. Dabei wurde noch lange und intensiv über die Vortragsthemen diskutiert und die Gelegenheit zum Networking genutzt.
Um der digitalen Welt Tribut zu zollen, durfte auch ein „digitales Gewinnspiel“ nicht fehlen. Als fleißigster „Poster“ mit #TIK2019 erhielt Wolfram Huonker, Teamleiter der Landesmesse Stuttgart, als Preis ein Bild von Businesszeichnerin Dagmar Gosejacob, das diese im Laufe des Tages erstellt und damit das Event dokumentiert hatte.
Für die mediale Begleitung und die Social-Media-Aktivitäten seitens des bvik war in diesem Jahr zum ersten Mal die Augsburger Agentur SportBrain verantwortlich. Erste atmosphärische Einblicke finden Sie in unserem KURZFILM ZUM TIK 2019. Eine längere Version folgt in Kürze!
Kontaktdaten
Bundesverband Industrie Kommunikation e.V. (bvik)
Geschäftsstelle
Am Alten Gaswerk 20
86156 Augsburg
Tel: 0821 999764-80
eMail: geschaeftsstelle@bvik.org