Prof. Volker Banholzer (TH Nürnberg): „Marketer müssen neue Strategien entwickeln!“

[no_toc]Im Gespräch mit dem bvik erklärt Prof. Volker Banholzer (Technische Hochschule Nürnberg), welchen Herausforderungen sich das B2B-Marketing zukünftig stellen muss, welche Rolle Künstliche Intelligenz dabei spielt und, wie das Idealbild des Marketers in Zukunft aussieht.

Prof. Volker Banholzer, Technische Hochschule Nürnberg

Als Professor an der Technischen Hochschule Nürnberg leitet Prof. Banholzer dort den Studiengang Technikjournalismus / Technik-PR. Vor der Tätigkeit an der Hochschule war er über zehn Jahre in leitenden Funktionen im Marketing und der Öffentlichkeitsarbeit von Industrieunternehmen tätig. Die aktuellen Forschungsschwerpunkte sind: Innovations- und Technikkommunikation in Unternehmen; Ambidextrie und Stakeholderkommunikation, Innovation and Technology Governance; Technik- und Kommunikationskulturen in Norwegen, Schweden und Deutschland. Als Berater unterstützt er Unternehmen und Verbände in strategischer Stakeholderkommunikation, in Change- oder Positionierungs-Prozessen, bei der Einführung und Konzeption von Organisational Listening oder bei der Umsetzung von Gamificationlösungen in der Unternehmens- und Marketingkommunikation.

 

bvik: Ist KI Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung, der sich alle B2B-Marketer in Zukunft stellen müssen?

Prof. Banholzer: Künstliche Intelligenz (KI) oder vielleicht aktuell treffender Machine Learning (ML) ist als technologische Entwicklung eine unter mehreren Herausforderungen. Der entscheidende Aspekt ist, dass solche Technologien auch ein anderes Denken oder andere Konzepte mit sich bringen und damit gegebenenfalls auch Geschäftsmodelle beeinflusst werden. Durch KI müssen Marketer und Kommunikationsverantwortliche neue Strategien entwickeln. KI oder Algorithmen sind ein Hilfsmittel, das bewusst und zielgerichtet eingesetzt werden muss. Das erfordert neue Denkweisen ebenso wie eine bewusste Entscheidung, was man Algorithmen überlässt und wo Managemententscheidungen gefragt sind. Die vielleicht größte Herausforderung dabei ist, dass die Effizienzgewinne, die Marketing-Automatisierung, ML oder Algorithmen mit sich bringen nicht nur abgeschöpft, sondern als freie Kapazitäten in kreative Prozesse reinvestiert werden.

Welche Anforderungen werden in Zukunft an das Marketing gestellt?

Prof. Banholzer: Gerade das B2B-Marketing entwickelt sich in Richtung zu Eigenheiten, die wir aus dem Bereich B2C kennen. Was bislang als Besichtigen von Referenzprojekten oder Einholen anderer Meinungen etabliert ist, wird sich deutlich in Richtung Peer-Orientierung, Einbeziehen von Empfehlungen und Bewertungen entwickeln. Das heißt Third-Party-Effekte rücken in den Fokus. Gleichzeitig beschleunigen sich sowohl Technologie- und Innovationszyklen. Und: Entscheider haben andere Bedürfnisse als Einkäufer. Das heißt, Kommunikateure müssen Kommunikation schneller, individueller und situationsgenauer implementieren. In diesem Umfeld die Unternehmensmarke zu positionieren und Kommunikation zu ermöglichen, ist eine herausfordernde und spannende Aufgabe. Unter Rahmenbedingungen kurzer und sich überlappender Produkt- und Technologiezyklen treten drei Aspekte auf, deren Bearbeitung eine wesentliche Aufgabe ist: Kommunikation muss etablierte Produkte, die für das Haupteinkommen einer Firma stehen, weiter begleiten. Gleichzeitig muss der Weg für neue, innovative Produkte kommunikativ geebnet werden. Dieser Spagat, mit der Gefahr sich in Teilen vielleicht sogar widersprechenden Botschaften, wird als die Herausforderung der Ambidextrie beschrieben. Und drittens müssen sich Marketing, Unternehmenskommunikation und Management gleichermaßen damit auseinandersetzen, weniger Produktdetails, sondern mehr Visionen ins Zentrum der Kommunikation zu rücken. Das wird im Kontext des sogenannten Hyper-Wettbewerb als Optionsmanagement beschrieben.

Welche Skills müssen Mitarbeiter in Marketing und Kommunikation in Zukunft mitbringen? Wie sieht Ihr Idealbild eines Marketers in Zukunft aus?

Prof. Banholzer: Das Idealbild von Marketern gibt es nicht. Die Anforderungen an diese Person oder das Team insgesamt sind von so vielen Variablen abhängig, dass es unmöglich ist, den einen Prototyp zu beschreiben. Wenn man aber die gerade beschriebenen Rahmenbedingungen ernst nimmt, dann sind ein paar Eigenschaften wichtig, um sich darin zurechtfinden und Kommunikation strategisch gestalten zu können: Die Fähigkeit sich in Netzwerken zu orientieren ist für mich entscheidend. Die Unternehmensumwelt organisiert sich zunehmend in Clustern und Communities, die zudem projektorientiert zusammenkommen und wieder auseinandergehen. Das heißt, Innovationsimpulse kommen aus unterschiedlichsten auch branchenfremden Kontexten. Neue Wettbewerber treten schnell auf. Das erfordert vor allem bei Kommunikateuren eine gedankliche Flexibilität und gleichzeitig die Fähigkeit verbindende Visionen zu entwickeln.

Wenn Sie das B2B-Marketing mit einem Claim umschreiben müssten, wie würden Sie es in einem Satz auf den Punkt bringen?

Prof. Banholzer: B2B-Marketing ist die Fähigkeit, technische Produktfeatures und Details mit Kommunikation als Nutzen und Lösung für aktuelle und zukünftige Kundenprobleme zu transportieren.