In Krisenzeiten ist die Unternehmenskommunikation besonders gefordert. Ihre wichtigsten Aufgaben sind jetzt: Navigation, Information, Motivation und Digitalisierung. Heidrun Rau von Communication Consultants liefert Tipps und Best Practices, wie Ihre Kommunikation krisenfest wird!
„Wie geht’s Ihnen?“ – „Sind alle gesund?“– „Wie klappt es mit dem Homeoffice und der Kinderbetreuung?” So oder so ähnlich beginnen derzeit viele Gespräche im Berufsalltag, egal ob unter Kollegen oder mit den Ansprechpartnern auf Kundenseite. In Krisenzeiten rückt der Mensch in den Vordergrund, die Beziehungsebene überlagert die Sachebene. Nicht nur die persönliche, auch die Unternehmenskommunikation passt sich der neuen Situation an. Empathie ist jetzt besonders wichtig. In den vergangenen Wochen haben sich vier wesentliche Aufgaben herauskristallisiert, die professionelle Kommunikatoren jetzt meistern müssen:
Inhaltsverzeichnis
Navigation: Richtung weisen
Krisen verlangen nach Führung, kurzen Entscheidungswegen, klaren Zuständigkeiten und Prozessen, einem engen Austausch zwischen den Geschäftsbereichen und einer offenen Kommunikation. Viele Unternehmen haben einen Krisenstab eingerichtet, der die Lage regelmäßig neu bewertet und die nötigen – auch kommunikativen – Maßnahmen festlegt. Was jetzt gut ankommt, sind persönliche Ansprachen oder Anschreiben der Geschäftsführer an Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner. Auch wenn Corona vieles überlagert, sollten Kommunikatoren nicht die gesamte Content-Planung über den Haufen werfen.
Viele Menschen haben gerade jetzt den Wunsch und die Zeit, sich mit „normalen“ (Fach-)Themen zu beschäftigen oder weiterzubilden. Meist reicht es aus, die geplanten Sachthemen nochmal aus dem „Corona-Blickwinkel“ heraus zu überprüfen und leicht anzupassen. Nicht nur im öffentlichen Diskurs nimmt die „Exit-Strategie“ immer mehr Raum ein, auch in vielen Unternehmen wird bereits über eine Rückkehr zu einer gewissen Normalität gesprochen. In Bezug auf die Ausbreitung der Pandemie und die ergriffenen Maßnahmen befinden sich Länder weltweit in unterschiedlichen Phasen. Für international aufgestellte Unternehmen gilt es diese parallelen Entwicklungen zu beobachten, auf Ebene der Gesamtorganisation zusammenzubringen, einzuordnen und dann passende Botschaften mit der richtigen Tonalität zu formulieren.
Information: Intern vor extern
Die interne Kommunikation hat jetzt Priorität. Halten Sie Ihre Mitarbeiter auf den internen digitalen Kanälen auf dem Laufenden, etwa zu Schutzmaßnahmen am Standort, Homeoffice-Regelungen oder den Umgang mit Verdachtsfällen. Passende Formate sind beispielsweise FAQs mit detaillierten Antworten auf die wichtigsten Fragen und News-(Ticker-)Formate zur schnellen und eng getakteten Information. Für allgemeine Verhaltensregeln bietet sich der Hinweis auf offizielle Quellen wie das Robert-Koch-Institut an.
In der Kunden-Kommunikation setzen Sie lieber auf informierenden und beratenden Content statt auf die einfache Botschaft „Wir sind wie gewohnt für Sie da“. So vermeiden Sie, dass Ihre Nachricht in einer Flut ähnlicher Nachrichten untergeht. Was die Medienarbeit betrifft, erhalten viele unserer Kunden derzeit Presseanfragen zum Umgang mit der Corona-Krise. Bauunternehmen werden gefragt, wie ihre Bauprojekte jetzt weiterlaufen, Industriebetriebe, wie sie ihre Warenversorgung sichern. Viele Kommunikatoren sind zudem stark damit beschäftigt, Präsenzveranstaltungen wie Messen, Mitarbeiter-Versammlungen oder Pressekonferenzen ins Netz zu transferieren.
Motivation: Zusammenhalt stärken
Der emotionale Aspekt ist in Krisenzeiten besonders wichtig: Die Art und Weise, wie man kommuniziert, kann die Sorgen der Mitarbeiter besänftigen oder befeuern. Wir empfehlen deshalb, die rein sachlichen Informationen um Statements des Managements zu ergänzen, die genau auf diese Sorgen reagieren. Dankbarkeit und Zuspruch sind jetzt besonders willkommen. Die interne Kommunikation sollte den Austausch und den Zusammenhalt im Team stärken. Die Botschaft: Wir halten zwar physisch Abstand, stehen aber eng zusammen. Hashtags (#flattenthecurve, #allefüralle, #krisenhelden) unterstreichen die Botschaft. Ebenso Helfer-Netzwerke, in denen sich Kollegen zum Beispiel beim Einkaufen unterstützen.
Digitalisierung: Online statt Face-to-Face
Die Face-to-Face-Kommunikation bricht jetzt weitgehend weg. Das verschafft der Digitalisierung einen enormen Schub und beschleunigt vielerorts die Einführung von Tools wie Zoom oder Microsoft Teams. Klar im Vorteil ist, wer frühzeitig in moderne Enterprise-2.0-Systeme investiert hat und mit dem Umgang geübt ist. Denn die Plattformen bieten zahlreiche Möglichkeiten als Ersatz für die direkte Face-to-Face-Kommunikation, Feedback in Form von Reaktionen, Memes oder im Videochat zu vermitteln. Wie im Zeitraffer erschließen sich Unternehmen neue Formen der Zusammenarbeit, von denen sie auch nach der Krise stark profitieren werden.
Großveranstaltungen wie die LogiMAT, die Hannover Messe, die Automatica und die MIPIM, auf die Unternehmen monatelang hinarbeitet haben, sind abgesagt. Die vorbereiteten Inhalte sollten nun für virtuelle Messen, Sondernewsletter, Blogs, Fachbeiträge und Whitepaper genutzt werden. Mit Tools wie Zoom, Mural, GoToMeeting, edudip oder Webinaris lassen sich Vor-Ort-Workshops und Vorträge in Webinare ummünzen. Über Chats und Fragerunden können Sie die Teilnehmer aktiv einbinden. Indem Sie die Webinare aufzeichnen, gewinnen Sie weitere Inhalte fürs Online-Marketing. Laden Sie über soziale Netzwerke wie LinkedIn und XING oder den eigenen Newsletter zu Ihren digitalen Veranstaltungen ein. Die neu gewonnenen Kontakte können Sie dann im Nachgang gezielt ansprechen.
Praxis-Beispiele
Wie Kunden unserer Agentur rund um Corona kommunizieren
ATR – Newsletter „Gut informiert“
Die ATR SERVICE GmbH ist eine der führenden Handelskooperationen im Kfz-Ersatzteilmarkt. Als Konzeptgeber lotst sie ihre Werkstattpartner mit dem Newsletter „Gut informiert“ durch die Krise. Dabei werden betriebspraktische, gesundheitliche, finanzielle und rechtliche Themen aus Sicht der Zielgruppe aufgegriffen. Wie geht es in den kommenden Tagen und Wochen für die Werkstätten weiter? Welche Finanzhilfen gibt es? Wie kann man die Werkstattmannschaft und die Kunden vor einer Infektion schützen? Und wie meistern Kfz-Betriebe die neuen Herausforderungen?
Balluff – Virtuelles Event
Der Automatisierungsspezialist und bvik-Mitglied Balluff macht aus der Not eine Tugend und ersetzte den Messestand auf der abgesagten Hannover Messe kurzerhand durch eine umfangreiche digitale Portfolio-Präsentation im gleichen Zeitraum. Auf einer Online-Eventplattform stellt Balluff nicht nur das gesamte Messematerial zur Verfügung, sondern ergänzt die Inhalte um Key Notes und Produktpräsentationen. Analog zu realen Messen gab es einen umfangreichen Konferenzzeitplan. Interessenten konnten sich zu themenbezogenen Live-Sessions und zu Live-Gesprächen anmelden. Die virtuelle Messe wurde weltweit übertragen. Die Veranstaltung wurde sowohl auf Social Media als auch mittels Medienarbeit und Online-Anzeigen beworben.
Metabo – Stellung beziehen
Metabo fertigt Elektrowerkzeuge für professionelle Anwender. Horst Garbrecht, CEO des Unternehmens, und weitere Führungskräfte, beziehen sowohl in der lokalen „Nürtinger Zeitung“ als auch in diversen Fachmedien Stellung zu den Auswirkungen von Corona. Ob es Lieferengpässe gibt, wie die Produktion jetzt weitergeht, welche Messen ausfallen – diese und weitere Fragen der Medien werden ausführlich beantwortet.
WOLFF & MÜLLER – Mehrstufiges Krisenmanagement
Das Bauunternehmen WOLFF & MÜLLER hat früh die Zuständigkeiten und Prozesse für ein unternehmensweit einheitliches Krisenmanagement an allen 27 Standorten definiert. Außer dem Kernteam wurden vier Lenkungskreise eingerichtet, die sich jeweils um die Belange von Mitarbeitern, Baupartnern, Kunden sowie Umwelt und Gesellschaft kümmern. Ein Drei-Stufen-Plan legt das Vorgehen pro Zielgruppe für verschiedene Krisenszenarien fest.
Die mehr als 2.000 Mitarbeiter werden zweimal wöchentlich über die Ergebnisse der Lenkungskreise informiert. Zahlreiche Initiativen, von großzügigen Regelungen für Eltern über Mitarbeiterdarlehen und Sorgentelefon bis zum Corona-Helfernetzwerk, fördern den Zusammenhalt im Familienunternehmen. Das Bauunternehmen hat in kürzester Zeit auf eigene Kosten 2.500 Schutzmasken für das Marienhospital Stuttgart organisiert und spendet 25.000 Euro, um mehrere “Tafeln” in der Region zu versorgen. Auf der Website wurde ein Corona-Infobereich eingerichtet, der laufend mit neuen Informationen für die vier Anspruchsgruppen bestückt wird.