KI-Bilder im Marketing sind dank Generatoren wie Midjourney und Stable Diffusion der aktuelle Hype. Für die einen eine Tür zu schier endlosen Möglichkeiten, für andere eine Bedrohung – sowohl für den Arbeitsplatz als auch für die Kommunikation an sich. Werfen wir einen Blick auf die Hintergründe und die Unterschiede zwischen privatem Spaß und beruflichem Einsatz von KI in der visuellen Kreation.
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Dürfen wir KI-Bilder im Marketing einsetzen?
Diese Frage kam auf den Tisch, als bekannt wurde: Getty Images verklagt die Generatoren wegen Urheberrechtsverstößen. Die Klagen laufen gerade. Sicher zu Recht. Denn die Generatoren haben die Bilder von Getty und anderen Plattformen ohne Erlaubnis kopiert und in die Lernmasse für die KI gelegt. Die Geschäftsführerin des europäischen Dachverbandes der Bildagenturen CEPIC, Sylvie Fodor, mahnt deshalb: Mindestens aus ethischer Perspektive muss sich jede:r professionelle Kreative überlegen, ob er/sie sich an dieser gestohlenen Datenmasse bedienen möchte.
Bald aber werden die Generatoren ihre Lernmasse mit erlaubten Bildern ausgetauscht haben und solange kein Bild aus der Lernmasse als wesentlicher Teil des generierten Bildes erscheint, könnte es auch keinen Kläger geben, also auch keinen Richter. Ähnlich wie bei den illegalen Streaming-Diensten könnte auch eher der Dienste-Anbieter zur Verantwortung gezogen werden und nicht die Streamenden / die generierenden Kreativen. Adobe nahm darauf Rücksicht, nutzt den legalen Content von AdobeStock und ist deshalb auch ein halbes Jahr in der Entwicklung hinter Midjourney & Co.
Die andere Seite der Medaille:
Sind die Werke, die wir aus den KI-Bilder-Generatoren ziehen, geschützt?
Nach aktueller Rechtslage tatsächlich: Nein. Denn das Werk wird von einer Maschine erstellt und die kann kein Urheber sein. Wir müssen die Bilder schon noch wesentlich bearbeiten, um eigenen Schutz aufbauen zu können. Der Befehl, mit dem die Maschine „beauftragt“ wird, ist nicht schutzfähig. Er ist zu kurz, nicht individuell genug und er hat zu wenig Einfluss auf das Ergebnis.
Ethik und Recht
/imagine: ein Foto im Stile von Annie Leibowitz…
So könnte man einer KI wie Midjourney den Befehl (=Prompt) zum Erstellen eines Bildes geben. Was auch gern und oft gemacht wird. Unter Juristen ist relativ klar: Ein Stil lässt sich nicht schützen. Das Konzept eines Kunstwerkes schon, aber nicht der Stil. Die Ethik sieht das allerdings anders – und so kann auch aus juristischer Perspektive das massenhafte und systematische Generieren von Bildern (und Filmen!) im Stile bekannter Künstler schwierig werden. Und zwar dann, wenn der Künstler oder die Fotografin einen Auftrag nicht mehr erhält, weil sich „ihre“ Bilder ja genauso gut, schneller und günstiger generieren lassen. Unter professionellen AI Artists, Promptern oder Promtograf:innen (ja, es gibt schon neue Berufsbilder!) ist es deswegen ein absolutes NoGo, „im Stile von“ oder „Promi A macht B“ in den Befehl zu schreiben.
Eins kann KI niemals sein: Real!
Das Wichtigste wird gern vergessen. Midjourney & Co. zaubern herrliche, fotorealistische Bilder. Wir können jeden Typus von Menschen generieren: die schönsten, die nettesten. Aber: Diese Bilder sind nicht real. Sie bleiben generiert. Das Portrait des CEO, die Bilder des großen Events oder des Corporate Influencers dürfen nicht generiert werden.
Nur ein echtes Foto, ein echter Film kann die Realität zeigen. Der Unterschied zwischen „authentisch sein“ und „authentisch wirken“ ist sowohl in der Werbe- als auch in der PR-Abteilung relevant. Deshalb sollte die Information der Bildquelle auch immer mit am Bild gespeichert werden. Bei Fotos die Situation, bei KI der Text des Prompt-Befehls.
KI und Bildsprache
Kommen wir jetzt zu den schönen Dingen. Die vielen Möglichkeiten, die die KI im visuellen Bereich bietet. Zuerst sei betont: KI steckt nicht nur in den Generatoren. Und: Generatoren können nicht nur Foto. Wir haben uns dank der günstigen Plattformen für schnelle Fotos daran gewöhnt, viele Fotos einzusetzen. KI-Bilder-Generatoren bieten auch Nicht-Grafikern die Chance, Fotos mit anderen grafischen Elementen zu kombinieren, Bildsprache (und damit natürlich auch Layout-Konzepte, Storylines etc.) ganz neu zu denken.
Wichtig bleibt immer: Die Ideen entstehen im Kopf. Die Maschine darf auch Inspirationsquelle sein, aber der Mensch sollte entscheiden, wohin die Reise geht. Dafür braucht es (foto-)grafisches Wissen, Können und die Gabe, das gewünschte Ergebnis beschreiben zu können. Wie Chat-GPT, so liefert auch Midjourney auf einen zu dürftigen Befehl nur Halluzinationen und das Einhalten eines Stils muss den Generatoren mit viel Fachwissen beigebracht werden. Und hier kann das Einsetzen von realen Fotos mit natürlichen Menschen auch wieder einen Kontrapunkt setzen. Die fertigen visuellen Konzepte lassen sich dann sicher auch jetzt / bald von Powerpoint als Layoutvorlage per KI auf alle Folien ausrollen, damit im Vertrieb keine Unsplash-Bilder mehr in die Präsentationen gelegt werden.
Spielereien und Projekte
Wie bei den ersten Anfängen in Social Media, so verläuft die Lernkurve auch beim Thema KI. Was wir (oder unsere Kinder) im Privaten spielerisch entdecken, muss im Beruflichen zuerst sattelfest gemacht werden. Praktisch alle KI-Anwendungen fallen bei Datenschutz-Prüfungen durch. Viele Tools lassen sich alleinstehend gut bedienen aber nicht (oder zumindest nicht so einfach) in bestehende Systeme wie CMS oder DAM integrieren. Und viele neue Tools sind zwar schöne Ideen, aber für die Kommunikationsziele eines Unternehmens schlicht unbrauchbar.
Die Liste der Möglichkeiten ist lang. Statt des schönen Scheins ist es aber wichtig, die Prozesse in der Kommunikation zu verschlanken und kreative Ansätze neu zu denken. Deshalb gilt der Appell, bei den anstehenden Aufgaben zu beginnen, diese zu skizzieren, erst dann nach den technischen Möglichkeiten zu schauen, sie zu testen und das Projekt bis zum Roll-Out zu planen und umzusetzen. Wobei alle Beteiligten an den Tisch geholt werden: die IT genauso wie die Mitarbeitenden, deren Arbeitsweisen sich ändern werden. Und wie bei den meisten Change-Prozessen geht es eher darum, sich wiederholende Arbeiten zu minimieren, um Kräfte für Besseres zu aktivieren.
Weiterführende Inhalte
Rechtliche Fragestellungen begegnen Marketern in verschiedensten Bereichen ihrer beruflichen Praxis. Dieser Kurs will Sensibilität für mögliche Stolperfallen schaffen und klären, wie Marketingmaßnahmen rechtskonform umgesetzt werden können. Folgende drei Praxisfelder werden dabei behandelt: der rechtskonforme Umgang mit personenbezogenen Daten, die Verwendung von echten sowie KI-generierten Bildern unter Berücksichtigung des Persönlichkeits- und Urheberrechts sowie die rechtlichen Grundlagen für Corporate Social-Media-Marketing, insbesondere beim Einsatz von Markenbotschaftern.