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Zusammenarbeit anders denken – Neuaufstellung von Kommunikationsteams

Die Kommunikationslandschaft hat sich durch die Digitalisierung und Change-Prozesse nachhaltig verändert. Jana Seifert (Commha Consulting) erklärt, warum eine Neuausrichtung der Kommunikationsabteilungen und eine enge Kollaboration unerlässlich sind, um die zukünftigen Herausforderungen zu meistern.

 

In der Welt der Unternehmenskommunikation ist es nicht mehr, wie es mal war: Corporate Influencer erobern die Social-Media-Kanäle, der CEO bloggt, Abteilungen streamen live im Intranet, die KI übersetzt den Text für die Internetseite in jede beliebige Sprache, der Chatbot plaudert mit den Kunden, und die Führungsriege setzt schon lange nicht mehr auf Frontalbeschallung, sondern auf Partizipation.

Die Kommunikationslandschaft in, von und rund um Unternehmen befindet sich in einem Wandel, der vertraute Kommunikationsmuster auf den Kopf stellt – und ermutigende, geradezu visionäre Versprechungen macht: Die Schnelligkeit, mit der sich die Unternehmenswelt weiterdreht, beendet die üblichen Abstimmungsorgien. Plattformen wie Enterprise Social Networks lassen Hierarchien in der Kommunikation in den Hintergrund treten und machen die Organisation durchlässiger. Wir sagen der E-Mail als Kommunikationstool Nummer eins endlich Adieu.

Junge Generationen fordern Transparenz

Diese Entwicklungen haben nicht nur mit der Digitalisierung zu tun, sondern auch mit neuen Arbeitsweisen und einer veränderten Anspruchshaltung jüngerer Generationen. Sie fordern Transparenz ein und wollen in Entscheidungen eingebunden sein. Kommunikation ist als Erfolgsfaktor in den meisten Köpfen verankert, und die Kommunikationskompetenz der einzelnen Mitarbeiter steigt nicht zuletzt durch die routinierte Nutzung von Social Media im Privaten. Co-Creation, Netzwerken und Collaboration, also Wissen zu teilen und ständig voneinander zu lernen, sind selbstverständliche Arbeitsformen, die für Organisationen unverzichtbar werden.

All das sorgt für mehr und für einen veränderten Kommunikationsbedarf: In einer Welt, in der Wandel zum Dauerzustand wird und traditionelle Strukturen an Bedeutung verlieren, ist die Orientierungsfunktion der Kommunikation bedeutsamer denn je. Erst gestern habe ich beispielsweise mit einer Kollegin aus der Finanzbranche gesprochen, deren Organisation kurzerhand sämtliche Corporate Titles abgeschafft hat.

Zukunft der Kommunikationsteams formen

Entsprechend ist eine Neuausrichtung der Kommunikationsabteilungen dringend notwendig, wollen sie sich in diesen neuen Gefilden nicht nur zurechtfinden, sondern mit bestem Beispiel als eine Art Leuchtturm einer neuen Kommunikationskultur vorangehen. Die Teams stehen vor der Aufgabe, nicht nur ihre Rolle in der Organisation, sondern auch ihr Selbstverständnis und ihre Aufgabe bzw. Position im Unternehmen neu zu definieren.

Fünf wichtige Aspekte dabei sind:

1. Vom Profi zum Coach

Kommunikationsprofis in Organisationen müssen sich zum »Enabler« entwickeln – zu Kommunikationscoaches. Es geht nicht mehr darum, selbst die Feder zu schwingen, sondern Mitarbeitende und Führungskräfte zu Kommunikationsprofis zu entwickeln. Nur so wird Kommunikation authentisch und schnell genug, um in der VUCA-Welt mithalten zu können. Es gibt Unternehmen, die all ihre Mitarbeitenden schon an Tag eins dazu einladen, auf Social Media aktiv zu werden. Das Kommunikationsteam setzt Leitplanken und gibt Hilfestellung.

2. Kommunikationshoheit an Communities abgeben

Kommunikationsabteilungen müssen sich davon verabschieden, die alleinigen »Hüter« der vom Unternehmen betriebenen bzw. befüllten Kommunikationskanäle zu sein. Wenn manche Mitarbeitende mehr LinkedIn-Follower haben als die Unternehmenswebseite täglich an Besuchern zählt, verliert die Kanal-Ownerschaft an Bedeutung; Leadgenerierung läuft anders. Die Hürden zu publizieren sind so niedrig wie nie. Aber wie hält man einen Sack Flöhe zusammen? Wie stellt man unter diesen Bedingungen sicher, dass die eigene Marke nicht verwässert? Auf diese Fragen brauchen die Kommunikationsteams der Zukunft Antworten.

3. Integrierte Marketing-Kommunikation

Wenn die Teams die Gräben zwischen Kommunikation und dem kommunikativen Teil des Marketings einreißen und voneinander lernen, entsteht idealerweise eine neue Teamstruktur, die die Stärken beider Welten miteinander verzahnt. Für diesen Wandel ist die Führungsriege gefragt, die die Veränderung anstößt und die Teams entsprechend einbindet.

4. Diskurs schafft Wirklichkeit

Kommunikation muss noch stärker an die aktuellen Veränderungsthemen im Unternehmen andocken – und sie aus kommunikativer Sicht mitgestalten. Das Thema Nachhaltigkeit zeigt es deutlich: Wenn ein Kommunikationsbedarf entsteht, muss das Thema auf die Agenda der Unternehmensleitung. Der Diskurs schafft Wirklichkeit. Die Diskursanalyse leitet Trends ab. Kommunikation und Handeln werden eins. »Fail early« – heißt auch »communicate early«. Mitarbeitende und Führungskräfte müssen aushalten, dass es noch nicht auf alle Fragen eine Antwort gibt und dass ein angekündigtes Vorhaben auch schiefgehen kann oder letztlich doch nicht realisiert wird. Nur in diesem Stadium gibt es noch die Chance zur Mitgestaltung.

5. Zukunftsweisende Zusammenarbeit

Kommunikationsteams benötigen neue Formen der Zusammenarbeit – und damit auch neue Formen der Kommunikation im Team selbst. Kommunikationsprofis entwickeln sich zu Pionieren auf kommunikativen Pfaden, ganz im Sinne von »practice what you preach«.

Die neue Rolle finden

Für manch ein Kommunikationsteam bedeutet das einen radikalen Umbruch – andere haben wichtige Schritte schon geschafft, etwa indem sie auf Business-Partner-Modelle setzen oder die Trennung zwischen interner und externer Kommunikation komplett aufgehoben haben. Für viele Teams ist das kein einfacher Prozess. Idealerweise erfährt er – wie jeder Change – entsprechende Unterstützung und Moderation.

Wenn wir ihn als Berater*innen begleiten, merken wir, dass Fragen wie die folgenden im Vordergrund des Transformationsprozesses stehen sollten: Was will das Team künftig leisten? Was brauchen die „Kunde“n des Teams, seien es nun Führungskräfte oder aber Follower auf Social Media? Was muss das Team besser können? Welche Rollen sind notwendig? Wie arbeiten wir? Agil? Mit Tandems? Welche Prozesse brauchen wir (noch)? Sind die Antworten definiert, ist schon ein großer Teil geschafft.

Nichtsdestotrotz braucht der Veränderungsprozess Zeit. Neue Arbeitsweisen lassen sich nicht über Nacht erlernen. Wenn das Team sich einmal komplett durchschüttelt und die Puzzleteile neu zusammengesetzt werden sollen, ist das für viele mit Abschiedsschmerz und Angst vor dem Neuen verbunden.

Zusammenarbeit neu lernen

Um dem entgegenzuwirken, bringen die Beteiligten idealerweise ihre Stärken und Ideen ein. Das Team transformiert sich sozusagen selbst. Aufgabe der Führung ist es, für diesen Prozess den Rahmen vorzugeben. Der Austausch mit Gleichgesinnten und anderen Expert:innen zum Beispiel bei Konferenzen bietet eine wertvolle Gelegenheit, die eigene Arbeit zu reflektieren und neue Impulse zu sammeln. Formate wie die Collaboration Conference vereinen Themen aus Kommunikation, HR und Change und bieten neue Perspektiven gerade auch für Kommunikationsteams im Wandel.

Fazit

Nach der ersten großen Digitalisierungswelle, in der Internet, Intranet & Co. in die Organisationen eingezogen sind, haben Kommunikationsteams jetzt erneut die Chance, sich neu aufzustellen. Wer sie nicht ergreift, wird sich irgendwann wundern, was die Flöhe alles auf die Beine stellen, und weshalb nur der Chatbot sich vor Arbeit nicht mehr retten kann.


Veranstaltungshinweis

Die erste Collaboration Conference Rhein-Neckar öffnet am 23. September in den Design Offices in Heidelberg ihre Türen. Sie steht unter dem Motto „Teamführung und Zusammenarbeit in Zeiten von New Work„. Mit dabei sind Unternehmen wie SAP, Boehringer Ingelheim und Bosch. Programmschwerpunkte bilden unter anderem Konzepte und Methoden wie Working out Loud, Resonanz, Peer-to-Peer-Beratung und agiles Arbeiten.

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