Dr. Christoph Lapp, Leiter des Bereichs Modular Design and Engineering Processes bei Voith Paper, gibt im Interview Einblicke in die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Unternehmen und in der Papierindustrie. Er spricht über die innovative Designstudie “Papermaking Vision”, die neue Lösungen für eine verbesserte und wartungsfreundlichere Papierproduktionslinie der Zukunft beinhaltet. Außerdem betont er die Bedeutung des Gewinns des Deutschen Nachhaltigkeitspreises für die XcelLine Papiermaschinen in der Kategorie “Vision”.
bvik: Herr Lapp, können Sie sich kurz vorstellen und Ihre Rolle bei Voith erläutern?
Dr. Christoph Lapp: Ich bin derzeit Leiter des Bereichs Modular Design and Engineering Processes bei Voith Paper. Mit meinem Team arbeiten wir an unserem modularen Produktbaukasten sowie an der stetigen Verbesserung der Effizienz unserer Prozesse im Bereich Engineering. Zuvor war ich als Leiter unseres Produktmanagements für die Produktstrategie und das Produktportfolio von Voith Paper verantwortlich. In früheren Funktionen habe ich Einblicke in unsere Forschung und Entwicklung erlangt sowie den Vertriebs- und Abwicklungsprozess kennenlernen dürfen. Die Gratwanderung zwischen dem technischen Möglichen und dem wirtschaftlich Sinnvollen hat mich über alle Stationen begleitet.
Welchen Stellenwert nimmt Nachhaltigkeit bei Ihnen im Unternehmen, in der Produktentwicklung und in der Papierindustrie generell ein? Können Sie etwas zur Zukunftsstudie „Papermaking Vision“ erzählen?
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Papierindustrie wächst kontinuierlich, da die Branche erkannt hat, dass sie einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann und dies auch von ihr erwartet wird. Auch bei Voith hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert und unser Unternehmen setzt sich intensiv für umweltfreundliche Technologien in der Produktentwicklung ein. Unsere Design-Studie “Papermaking Vision” enthält innovative Lösungen für eine technologisch verbesserte und wartungsfreundlichere Papierproduktionslinie der Zukunft. Das Konzept berücksichtigt alle Aspekte der Papierproduktion und zielt darauf ab, die Maschineneffizienz zu erhöhen, die Betriebssicherheit zu steigern und ungeplante Ausfallzeiten zu minimieren. Dies umfasst einen höheren Grad der Automatisierung, eine verbesserte Vernetzung der einzelnen Bereiche, höhere Sicherheit, optimierte Verfügbarkeit und das bei ansprechendem Design.
Mit Ihren Papiermaschinen der „XcelLine“ haben Sie im vergangenen Jahr den Deutschen Nachhaltigkeitspreis gewonnen – herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet der Gewinn des Deutschen Nachhaltigkeitspreises für Ihr Unternehmen und für Ihr Gewinner-Produkt?
Vielen Dank! Die Kombination der Schritte, die wir in der Vergangenheit bereits gegangen sind, um die Effizienz der Maschine zu steigern, verbunden mit der Zukunftsstudie „Papermaking Vision“ sowie unser Nachhaltigkeitsprogramm “Papermaking for Life” haben maßgeblich dazu beigetragen, dass wir den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Vision gewonnen haben. Der Preis stellt für mich und das Team, das an der Entwicklung und Umsetzung der XcelLine Papiermaschinen beteiligt war, eine große Anerkennung dar und motiviert uns, weiterhin innovative Lösungen für eine nachhaltige Papierproduktion zu entwickeln. Gleichzeitig bekräftigt der Preis die führende Stellung unserer Papiermaschinen. Weltweit setzen Kunden auf Papiermaschinen der XcelLine und sind mit der Performance unserer Anlagen sehr zufrieden.
Die Papierproduktion wird zwar bereits seit Jahrzehnten auf nachhaltige Aspekte hin optimiert, wo sehen Sie jedoch weiteres Entwicklungspotential in der Branche?
Die Papierindustrie hat bereits seit Jahrzehnten Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit gemacht, aber Voith sieht noch Potenzial für weitere Verbesserungen in Bereichen wie der Energieeffizienz, der Reduktion des Wasserverbrauchs und der Erhöhung der Recyclingquoten. Voith arbeitet auch daran, den Einsatz erneuerbarer Energien in der Papierproduktion zu erhöhen und den Einsatz von umweltschädlichen Chemikalien zu reduzieren. Auch zukünftig planen wir, weiterhin in Forschung und Entwicklung zu investieren, um Lösungen für diese Herausforderungen zu finden. Ein Beispiel ist eine disruptive Technologie für einen komplett neuen Papierherstellungsprozess, die den Frischwasserverbrauch bei der Herstellung um bis zu 95 Prozent senkt.
Können Sie näher auf diese disruptive Lösung eingehen?
Ja, Voith arbeitet aktuell an einem neuen Konzept, das eine CO2-neutrale Papierherstellung ermöglicht und den Frischwasserverbrauch um bis zu 95 Prozent und den Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent im gesamten Papierherstellungsprozess reduziert. Voith hat eine exklusive Partnerschaft mit dem Hygiene- und Gesundheitsunternehmen Essity geschlossen, um die weitere Entwicklung dieses neuen Verfahrens voranzutreiben. Nach erfolgreichen Versuchen im Labormaßstab werden die gewonnenen Forschungsergebnisse nun auf eine Pilotanlage am Voith-Standort in Heidenheim übertragen. Diese neue Anlage wird Tests unter produktionsnahen Bedingungen ermöglichen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 eine CO2-neutrale Papierproduktion zu realisieren.
Und zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Was denken Sie, wohin wird sich die Papierindustrie in den kommenden Jahren, Jahrzehnten in Sachen Nachhaltigkeit entwickeln? Haben Sie Empfehlungen oder Wünsche für Ihre Branche?
Die Papierindustrie verfügt über gute Voraussetzungen für Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit. Der wichtigste Rohstoff, Holz, ist vollständig erneuerbar und kreislauffähig, und die Papierindustrie setzt sich für verantwortungsvolle Forstwirtschaft und Waldzuwachs ein. Die Recyclingquote von Papier in Europa beträgt über 71 %, und die in der Papierindustrie eingesetzten Brennstoffe sind zu 60 % nicht-fossilen Ursprungs. Die Branche unterstützt aktiv Maßnahmen für den Klimaschutz und setzt sich für eine verantwortungsvolle und volkswirtschaftlich effiziente Transformation der Branche auf dem Weg zur CO2-Neutralität ein. Es wurden bereits erhebliche Investitionen in moderne Technologien wie Kraft-Wärme-Kopplung und Ersatzbrennstoffkraftwerke getätigt, um den spezifischen Energieeinsatz und den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Die Branche arbeitet auch an Projekten zur Nutzung von grünem Wasserstoff und Erdwärme für ihre Energieversorgung. Mit dem richtigen politischen Rahmen bin ich optimistisch, dass die Branche ihren Nachhaltigkeitsweg weiter positiv fortsetzen wird.
Reihen Sie sich neben ebm-papst und der Voith Group in die Reihe der Gewinner des Deutschen Nachhaltigkeitspreis aus dem Mitgliederkreis des bvik ein und zeigen Sie extern wie intern, welchen Stellenwert Nachhaltigkeitsmanagement in ihrem Unternehmen einnimmt! Hier geht’s zu den Teilnahmeinfos für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2023.
Heidrun Haug gibt Einblicke in die Entwicklung des nachhaltigen Wirtschaftens und wohin die Reise gehen sollte. Lesen Sie mehr dazu in ihrem Blogbeitrag!
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