Jetzt erst recht! Markenmanagement in Zeiten wie diesen

Angesichts der angespannten Situation kürzen viele Unternehmen die Budgets für Marketing und Kommunikation. Doch das ist nicht sinnvoll! Gerade Unternehmen, die jetzt in die Markenkommunikation investieren, bauen in der Krise einen Vorsprung auf.

Jörg Rentrop, RENTROP AM SEE
Berater für Neurolinguistische Markenentwicklung®, zertifizierter NLP-Coach und NLP-Hypnose-Coach

Jörg Rentrop ist freier Berater für Neurolinguistische Markenentwicklung® und zertifizierter NLP-Coach und NLP-Hypnose-Coach. Er unterstützt Unternehmen bei der systematischen Entwicklung ihrer Markenidentität, strategischem Markenmanagement und Markenkommunikation. Jörg Rentrop bei XING, LinkedIn

Bildquelle: Jörg Rentrop

 

Jede unsere Körperzellen hat eine eigene Intelligenz und reagiert auf die Umwelt. Entweder entspannt, dann funktionieren Stoffwechsel und Wachstum, oder gestresst, dann läuft nur ein Notprogramm, das lediglich das Überleben sichert. So gesehen reagieren die meisten Unternehmen aktuell wie gestresste Zellen, wenn es ums Markenmanagement geht. Das mag vielleicht natürlich erscheinen, sinnvoll ist es nicht. Denn die Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache. Und das schon seit Anfang des vergangenen Jahrhunderts, wie ein Blick in den Havard Business Review zeigt.

Erfolg im werblichen Krisenmanagement

Das Amerika der frühen 1920er Jahre. Der erste Weltkrieg ist vorbei. Das ist die Stunde des jungen Havard Absolventen Robert S. Vaile: Bereits während seines Studiums in der Zeit der Rezession hat er 250 Unternehmen untersucht, indem er deren Ausgaben für Werbung und die Umsatzentwicklung in Beziehung setzt. Wie haben sich diese Unternehmen entwickelt im nun folgenden Aufschwung?1

Vaile macht dabei drei Arten von Unternehmen aus:

  1. Unternehmen ohne Werbeinvestitionen
  2. Unternehmen, die Werbung reduzierten und
  3. Unternehmen, die Werbeinvestitionen intensivierten.

Das Ergebnis war eindeutig: Unternehmen, die ihren Werbe-Etat gekürzt hatten, waren anschließend die eindeutigen Verlierer. Unternehmen die ihre Markenkommunikation auf gleichem Niveau hielten, profitierten. Unternehmen, die die Investitionen sogar intensivierten waren die großen Gewinner mit Umsatzsteigerungen nach der Krise von über 20 %.

Prof. Tellis aus Süd-Californien untersuchte 40 empirische Studien zur Effektivität von Markenkommunikation in Krisenzeiten, die die oben beschriebenen Ergebnisse allesamt bestätigten.2 Und eine Untersuchung von Biel, Alex, King in 2003 machte bei Unternehmen, die ihre Werbe-Investitionen beibehielten, einen Marktanteilsgewinn von 0,2 % aus. Bei denen, die ihre Investitionen um mehr als 20 % aufstockten wurde sogar ein Marktanteilsgewinn von satten 0,9 % beobachtet.3

Ein Abschwung kann in Krisen durch Markenkommunikation also deutlich abgefedert werden, um sich in den dann folgenden Phasen erneuten Aufschwungs in steigendem Umsatz und gewonnen Marktanteilen so richtig auszuzahlen.

Share of Voice und Share of Market nutzen

Die Beziehung zwischen Markenpräsenz („Share of Voice“) und Marktanteil („Share of Market“) ist dabei der Schlüssel. In einer Krise sinkt der werbliche „Geräuschpegel“, wenn sich Marktteilnehmer zurückziehen. Unternehmen, die jetzt bei der Stange bleiben, sind die Gewinner, denn die Effektivität einzelner Botschaften steigt. Sie bauen in der Krise einen Vorsprung auf, der uneinholbar ist, wenn es wieder bergauf geht, die Werbe-Aktivitäten insgesamt wieder steigen und es in der Folge erheblich anspruchsvoller wird, wahrgenommen zu werden.

Eine Umfrage der englischen Marketing Week ergab, dass 90 % aller Budgets für Markenkommunikation gekürzt sind oder unter Beobachtung stehen. Gute Nachrichten also für alle, die die Zeichen der Zeit erkennen.

Besondere Markenleistung gegen die Krise

Beginnen wir damit, was jetzt ganz sicher nicht funktioniert, nämlich Empathie-Bekundungen. Das aktuelle Krisenthema hängt uns allen zum Hals raus, mal ehrlich. Da hilft auch kein Mitleid einer Marke. Vor allem, wenn es überall zu lesen, sehen und hören ist.

Wie also kann Ihre Marke einen echten Beitrag zur Linderung leisten? Das ist eine Frage mit Potenzial. Wenn beispielsweise ein Supermarkt die erste Stunde der Öffnungszeiten exklusiv für Senioren nutzt, damit die vor all den Hamsterern eine Chance auf Klopapier haben, dann ist das sinnvolles Marketing. Manchmal sind es eben auch vermeintliche Kleinigkeiten, die einen Unterschied machen und erwähnenswert sind. Auch im B2B.

Solange Sie Ihre besondere Markenleistung für eine leichtere Bewältigung der Krise finden, können Sie langfristige Markenthemen spielen. Denn dann kommen Sie dem nach Peter Field und Les Binet idealen Verhältnis für Effektivität von 60 % langfristigem und 40 % kurzfristigem Markenmanagement näher. Definitiv eine sinnvolle Investition.

So oder so, machen Sie es wie die intelligentesten Ihrer Körperzellen: Bleiben Sie entspannt, denn das ist gesund und gut fürs Wachstum.

 

Quellen:
1Roland S. Vaile – „The Use of Advertising During Depression“, Harvard Business Review, 1927

2Tellis and Tellis – „Research on Advertising in a Recession: A Critical Review and Synthesis“

3Biel, Alex, King – „Advertising During a Recession“, AdValue 2003