Der Online-Showroom für B2B: So geht Vertrieb ohne Messe

Die Maschinenbau-Messe ist ausgefallen? Präsentieren wir unsere Innovationen im Netz – aber nicht bloß medial, sondern live und interaktiv! Die Automobilindustrie zeigt gerade, dass ein Online-Showroom überraschend großen Nutzen bringt. Erfahren Sie, wie das digitale Erfolgsmodell dem Mittelstand und Investitionsgüter-Marketing in Corona-Zeiten helfen kann.

Stefan von den Driesch, mediaman GmbH
Co-Gründer

Stefan von den Driesch ist Mitgründer der mediaman GmbH mit Standorten in Mainz, Boston, Shanghai. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung digitaler Produkte und Geschäftsmodelle spezialisiert. In die Projekte bringt von den Driesch 25 Jahre Digitalerfahrung ein: Der studierte Politikwissenschaftler befasst sich vor allem mit den Themen Strategie und Markenführung sowie UX Design und Informationarchitektur. Bildquelle: mediaman GmbH

 

Die eigene Website, der Außendienst, die Beteiligung an Messen: die drei Kommunikationskanäle – in dieser Reihenfolge – gelten im B2B-Marketing als wichtigste Bausteine des Marketing-Mix. Durch die Corona-Pandemie ist nun einer dieser drei Kanäle auf lange Zeit blockiert, mit unabsehbaren Folgen für die gesamte deutsche Wirtschaft. Die Mehrzahl der über 30 000 Messen, die jedes Jahr rund um den Globus stattfinden, fällt 2020 aus oder wird verschoben.

Wer nun glaubt, dieser Aspekt der Corona-Krise treffe allein und vor allem die rund 1200 Messeplätze weltweit sowie den Messebau, der irrt. Ein mittelständisches Unternehmen ab 125 Mio. Euro Jahresumsatz beteiligt sich im Schnitt pro Jahr an über dreißig Fachbesuchermessen (Quelle: TNS Emnid Umfrage 11/2019). Die Hersteller erklärungsbedürftiger Investitionsgüter wissen, dass sich ihre Neuheiten selbst mit noch so umfangreichen Webseiten allein nur schwer an den Einkäufer bringen lassen.

Kunden verfolgen Ziele weiter

Auch wenn sich große Teile der deutschen Wirtschaft – allen voran die Autoindustrie – im Lockdown befinden, darf man sich von der staatlich verordneten und medizinisch gebotenen Kontaktsperre nicht täuschen lassen: Bei vorausschauenden Unternehmen wurden strategische Aktivitäten keineswegs heruntergefahren, im Gegenteil: Strategien und Investitionsvorhaben für die Zeit nach Corona werden im Hintergrund weiterverfolgt. Wer jetzt den Kontakt zu diesen Kunden abreißen lässt, riskiert, sie an den kommunikativ agileren Wettbewerber zu verlieren.

Agiles Handeln heißt im Kontext der Krise: den digitalen Vertriebskanal so zu nutzen, dass der potenzielle Kunde individuell und wertschätzend mit seinen Fragen und Informationsbedürfnissen abgeholt wird. Es heißt eben nicht: den Kunden auf die Unternehmens-Website zu verweisen, wo er sich die Informationen selbst zusammensuchen muss. Das funktioniert in normalen Zeiten, wo Messeauftritt, Besuch des Außendienstlers und Self-Service-Website ineinandergreifen und so jede Station einen Abschnitt der Customer Journey bedient. In Corona-Zeiten müssen alle Touchpoints, von der Erstinformation bis zur umfassenden persönlichen Beratung, digital überzeugen.

Ersatz für ausfallende Messen

Das Wichtigste für Unternehmen ist jetzt schnelles Handeln. So lässt sich aus dem kommunikativen Nachteil, der alle gleichermaßen betrifft, ein Wettbewerbsvorteil in der eigenen Branche erarbeiten. Und dieser Vorteil kann den entscheidenden Impuls geben, das eigene Unternehmen schneller als andere aus der Krise herauszuführen, wenn die Corona-Pandemie vorbei ist. Natürlich wird ein mittelständischer Maschinenbauer seine über dreißig Messebeteiligungen pro Jahr, mit all ihren wertvollen persönlichen Gesprächen und Kontakten, nicht ersetzen können. Aber Digitalisierung ist ein langfristig wirksamer Trend. Wer jetzt in innovative digitale Maßnahmen investiert, kann sicher sein, auch in Zukunft davon zu profitieren.

Online-Showroom für Investitionsgüter

Im Autohandel und für Endkunden wird der Online-Showroom bereits erfolgreich eingesetzt: Diese innovative Form der individuellen digitalen Beratung ist technisch relativ leicht zu implementieren – ähnlich wie beim Messebau werden Standardprodukte einer Reihe spezialisierter Anbieter kombiniert und entsprechend dem Corporate Design des Unternehmens individuell ausgestaltet. Auch die Situation des Beraters auf Unternehmensseite ist ganz ähnlich der eines Beraters am Messestand: Was der Vertrieb im physischen Beispiel mit Interessenten vereinbart hat, also die Termine für die einzelnen Messetage, geschieht für den Online-Showroom entweder auch durch Anruf des Außendiensts oder im Self Service auf der Website des Unternehmens.

Hierfür gibt es ebenfalls standardisierte Buchungstools, die sich einfach in die Seiten einbinden lassen. Ist der Termin gekommen, startet der Berater vom realen, physischen Showroom aus die Videoverbindung zum Interessenten – und es kann losgehen: Der Berater präsentiert, ganz wie auf dem Messestand auch, die Innovationen seines Unternehmens, geht auf Rückfragen ein, demonstriert Details und Bedienungsabläufe.

Live-Beratung aus dem Online-Showroom ist mit dem Smartphone ganz einfach möglich. Bildquelle: Harry Cunningham, Unsplash

Ein Beispiel aus der Automobilindustrie

Für unseren Kunden Hyundai Deutschland haben wir eine solche Live-Beratung aus dem Online-Showroom aufgebaut. Das neueste Fahrzeugmodell – zurzeit ist es der Hyundai Kona – wird aus drei Kameraperspektiven präsentiert. Der Berater trägt ein Headset und hat zusätzlich eine bewegliche Kamera mit Handgriff: ein handelsübliches Smartphone, das auf einem sogenannten Gimbal montiert ist. So kann sich der Berater frei um das Fahrzeug bewegen, ohne die Aufnahme zu verwackeln. Er ist in der Lage, ein normales Beratungsgespräch zu führen, fast wie auf der Automobilmesse: Im Dialog beantwortet er Fragen, setzt sich in das Fahrzeug, wenn es um Details der Ausstattung geht, behandelt Einwände des Interessenten und unterstreicht die Vorteile des neuen Modells am Produkt selbst.

Der Online-Showroom von Hyundai zeigt: Hier gelingt eine weitere Stufe der Digitalisierung des Vertriebs – trotz traditioneller Prägung der Automobilkunden auf haptische Reize wie Lack und Leder. Und das eröffnet auch dem B2B-Marketing neue Chancen. Die Zeit der Krise wird den Umbruch Richtung Digitalisierung beschleunigen.

Zusammenfassung

Der Kommunikationskanal Messe fällt durch die Corona-Pandemie auf längere Zeit aus – und bleibt womöglich dauerhaft beeinträchtigt. Diese Tatsache schwächt das Marketing des deutschen Mittelstands mit seinen zahlreichen Messebeteiligungen weltweit erheblich. Schnelle Abhilfe kann nur durch eine weitere Digitalisierung des Vertriebs kommen, und hier bietet die Live-Beratung per Online-Showroom zwei entscheidende Vorteile gegenüber der bloßen Unternehmens-Website: Interessenten haben ein Live-Erlebnis des Produkts, anstatt passiv einem linear ablaufenden Video zu folgen. Zweitens: Interessenten können Fragen stellen und mit dem Berater interagieren – und der Berater mit ihnen. Ob und wie sich der Online-Kontakt in einen echten Sales-Erfolg verwandelt, bleibt weiterhin in das Geschick des Beraters im Online-Verkaufsgespräch gestellt. Aber das ist auch am realen Messestand nicht anders.