Das moderne Marketing-Mandat – So verändert sich die Rolle des CMO

Als Experte für digitale Transformation weiß Jan Pilhar ganz genau, an welchen Stellschrauben das Marketing drehen muss, um die Digitalisierung für das eigene Unternehmen erfolgreich zu nutzen. In seinem Blog-Beitrag erklärt er, wie sich die Rolle und die Aufgaben von CMOs und Marketingleitern im Unternehmen verändern.

Jan Pilhar, IBM
Executive Director

Jan Pilhar ist Experte für digitale Transformation mit Fokus auf Customer Experience. Er und sein Team unterstützen Unternehmen bei der Transformation ihres Marketings und bei der Entwicklung von neuen digitalen Service- und Geschäftsmodellen. Er hat in Europa, Asien und den USA für Beratungen, Agenturen und bekannte Marken gearbeitet und komplexe Digitalprojekte geleitet. Jan Pilhar verantwortet den Bereich Digitalstrategie mit Schwerpunkt auf Industriekunden im IBM Design Studio Berlin.
Bildquelle: IBM

 

Marketing war nie spannender! Die Digitalisierung prägt rasant auch Marketing und Vertrieb. Im Zuge dieses Wandels ändern sich Rolle und Aufgabe von CMOs und Marketingleitern. Neben ihren angestammten Arbeitsbereichen haben sie zunehmend auch einen Auftrag in Bezug auf die digitale Transformation des Unternehmens.

Marketing war nie schwieriger! Marketingverantwortliche, die mit abgestandenen Konzepten ein „Weiter so!“ propagieren, machen sich schneller obsolet als sie vielleicht glauben. Die Analysten von Forrester schätzen, dass weltweit rund 30% der Marketingleiter pro Jahr ihren Job verlieren, weil sie den neuen Aufgaben nicht gewachsen sind.1

CMOs, die ihre veränderte Rolle sinnvoll ausfüllen, können für ihre Unternehmen neues Wachstum schaffen, denn es bieten sich zahlreiche Chancen für eine passgenauerer und damit erfolgreichere Marktbearbeitung. Rund 50% der Einkaufsverantwortlichen im B2B-Geschäft sind unter 35 Jahre alt und erwarten eine andere Art der Ansprache, Interaktion und Beziehungspflege als ihre Vorgänger.2

Aus den zahlreichen Anforderungen, die sich heutigen CMOs stellen, lassen sich drei strategische Imperative ableiten:

  • Erstens müssen Marketingverantwortliche das gesamte Kundenerlebnis holistisch in den Blick nehmen.
  • Zweitens müssen sie die notwendige technologische Kompetenz ins Unternehmen bringen, um Marketing und Vertrieb digital zu transformieren.
  • Drittens kommt ihnen im Unternehmen eine wichtige Kultur verändernde Rolle zu.

Der CMO muss das gesamte Kundenerlebnis orchestrieren

Kernaufgabe des Marketings ist es, ein Kundenerlebnis zu orchestrieren, das begeistert und zum Kauf führt. Diese „Customer Experience“ bezeichnet die Gesamtheit der Erlebnisse, die ein Kunde in seinen Interaktionen mit einem Unternehmen sammelt. Ob Besuch der Website, Anruf im Call-Center, Gespräch mit einem Vertriebsmitarbeiter oder Messeauftritt  – jeder Kontaktpunkt zählt und erfüllt im Idealfall eine spezifische Funktion entlang des Kaufentscheidungsprozesses. Dies war in gewisser Weise schon immer so und hat zu der alten Marketingweisheit „der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit am richtigen Ort“ geführt. Neu sind allerdings zwei Aspekte:

  • Erstens hat sich die Zahl der Kontaktpunkte im Zuge der Digitalisierung vervielfacht und ihr Management verlangt eine erhöhte Koordination und tiefere strategische Verzahnung. Mit der Verlagerung der Informationsbeschaffung im B2B-Kaufprozess von einer Push-Logik – nach der das Marketing Botschaften in den Markt „drückt“ – hin zum Pull-Prinzip, müssen Marketing und Vertrieb grundlegend neu gedacht werden. Studien zeigen, dass heute rund 60% des Kaufentscheidungsprozesses bereits gelaufen sind, bevor ein erster Kontakt zum Vertrieb aufgenommen wird.3 Entsprechend erwarten Kunden schnellen und einfachen Zugang zu allen für sie relevanten Informationen – immer und überall.
  • Zweitens haben sich die Ansprüche der Kunden an das ihnen gebotene Erlebnis, insbesondere an den digitalen Kontaktpunkten, dramatisch erhöht. Hier prägen nicht andere B2B-Unternehmen aus der gleichen Branche die Erwartungshaltung an Einfachheit und Nützlichkeit, sondern Digital Leader wie Amazon, Google und Apple.

Marketingleiter müssen das von ihnen gebotene digitales Erlebnis also nicht nur mit der direkten Konkurrenz vergleichen – und können sich nicht mehr damit beruhigen, dass die es auch nicht besser macht. Kunden erwarten heute Informations- und Interaktionsdienste, die nicht zu weit hinter dem allgemeinen Standard herhinken. Und dieser Standard verschiebt sich konstant. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe für Marketingverantwortliche, die in der Regel ohne Unterstützung von Spezialisten nicht gelöst werden kann.

Der CMO hat heute einen Technologie-Job

Den steigenden Kundenerwartungen gerecht zu werden funktioniert nicht ohne die richtige Technologie. In den letzten Jahren hat sich im Marketing – insbesondere in den Bereichen Datenanalyse und Automatisierung – viel getan. Entsprechend muss der moderne Marketingleiter nicht nur Marke, Botschaften und Kanäle gekonnt steuern, sondern auch die richtigen Technologieentscheidungen treffen. Bereits 2017 lag das Investitionsbudget des CMO für Technologie in vielen Unternehmen gleichauf mit dem des CIO, der die klassische Unternehmens-IT im Beritt hat.4

Daraus ergeben sich völlig neue Anforderungen an den Marketingleiter, der nun – ob er will oder nicht – auch einen Technik-Job hat. Er muss zwar nicht alle technischen Details kennen, aber ein Grundverständnis von modernen CRM-Systemen, Data-Analyse-Verfahren, Online-Marketing und digitalen Plattformen ist unabdingbar, um heute sinnvoll einen Marketingbereich zu führen.

Dies ist für viele im klassischen B2B-Marketing sozialisierten CMOs eine Herausforderung. Gleichzeitig ist es aber auch eine Chance, dem eigenen Bereich eine neue Bedeutung zu geben und die Zukunft des eigenen Unternehmens aktiv mitzugestalten. Marketingleiter, die diese Aufgabe annehmen, können sich als zentrale Player in der digitalen Transformation ihres Unternehmens positionieren, denn die Digitalisierung von Marketing und Vertrieb ist ein entscheidender Hebel für Zukunftsfähigkeit.

Der CMO hat einen kulturellen Auftrag

Die Digitalisierung von Marketing und Vertrieb erfordert neue Denk- und Arbeitsweisen, kurz: eine neue Kultur. Zwar haben Marketers im Idealfall immer schon von Kundenbedürfnissen ausgehend gedacht und gehandelt. Dennoch ist gerade in vielen B2B-Unternehmen die „Produktdenke“ so stark in der DNA verankert, dass sie auch das Marketing prägt. Statt Kundenbedürfnissen steht hier das Produkt im Mittelpunkt. Statt die Relevanz jedes Kontaktpunktes konsequent aus Sicht des Kunden zu bewerten, liegt die Aufmerksamkeit auf Produktfeatures, die kommuniziert werden sollen.

Hier ist ein Umdenken hin zu einer radikalen Nutzerzentrierung notwendig. Das tiefe Verständnis der verschiedenen Kundengruppen sowie ihrer Informations- und Interaktionspräferenzen über die gesamten Kundenbeziehung hinweg ist die vordringlichste Aufgabe des Marketings. Gerade in den heutigen Zeiten des digitalen Pull-Marketings ist nur das erfolgreich, was aus Kundensicht Relevanz hat.

Daneben wird Schnelligkeit zum Erfolgsfaktor für das Marketing. Es gilt, sich von starren jährlichen Marketingplänen zu lösen und mehr Agilität zuzulassen. Gerade an digitalen Kontaktpunkten, etwa auf neuen Online-Plattformen, in sozialen Medien oder auf Marktplätzen von Dritten lässt sich Erfolg nicht immer so gut vorhersagen wie in den klassischen Kanälen. Es muss mehr ausprobiert und getestet werden. Der Marketingleiter sollte deshalb auch Champion für eine neue Experimentierfreude im Marketing zu sein, die mit überschaubarem Einsatz ermitteln, was Kunden wirklich begeistert, konvertiert und bindet.

Goldene Zeiten oder Abstieg auf Raten – Sie haben die Wahl!

CMOs die es schaffen, diesen neuen Anforderungen nicht nur gerecht zu werden sondern aktiv in Chancen umzumünzen, haben goldene Zeiten vor sich. Sie können den digitalen Wandel ihrer Unternehmen aktiv gestalten und wichtige Impulse setzen, die weit über das klassische Marketingmandat hinausweisen. Sie sind gefragte Experten und Ansprechpartner und leisten einen zentralen Beitrag zum Erfolg ihrer Unternehmen.

Auf der anderen Seite laufen Marketingleiter, die sich diesen neuen Realitäten verschließen, Gefahr, schneller zum Auslaufmodell zu werden als vielleicht von ihnen erhofft. Schon vor einigen Jahren zeigten Studien, dass ein Großteil der Unternehmensführer kaum Vertrauen in die Fähigkeiten ihre Marketingleiter hat.5 Seien sie keiner dieser Marketingleiter! Seien Sie ein Marketingleiter, der die Chancen der Zeit für sich und sein Unternehmen nutzt!

Mehr zu den Entwicklungen, die diese neue Rolle prägen und wie man sie sinnvoll ausfüllt, erfahren Sie in Pilhars Impulsvortrag zum Thema „Das Moderne Marketing-Mandat – Wie sich die Rolle des CMO verändert“ beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION (#TIK2019) am 27. Juni im veranstaltungsforum fürstenfeld in Fürstenfeldbruck (bei München).

Quellenangaben

1 https://adage.com/article/cmo-strategy/lowdown-30-ceos-fire-cmo-2017/306688/
2 https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/insights/markteinblicke/die-digitalisierung-des-vertriebs-wird-zum-wichtigen-erfolgsfaktor/
3 https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/insights/markteinblicke/die-digitalisierung-des-vertriebs-wird-zum-wichtigen-erfolgsfaktor/
4 https://www.gartner.com/smarterwithgartner/8-top-findings-in-gartner-cmo-spend-survey-2018-19/
5 https://www.fournaisegroup.com/ceos-do-not-trust-marketers/