„Marke und Strategie müssen auch im Change Hand in Hand gehen!“

[no_toc] Im Interview mit dem bvik erklärt TIK-Referentin Carolin Lederer (Head of Exhibitions & Events, Brand Management Global Marketing, ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG) wie es gelingt, einen Change im Unternehmen ganzheitlich und nachhaltig durchzusetzen, was die „Warum“-Frage damit zu tun hat und welche Bedeutung einem Rinderfilet für die Marke zukommt.

Carolin Lederer Referentin TIK 2020Carolin Lederer, ebm-papst Mulfingen GmbH & Co. KG
Head of Brand Management and Exhibitions

Nach dem Master-Studium in internationaler Betriebswirtschaftslehre 2013, begann Carolin Lederer im Bereich Exhibitions & Events bei ebm-papst. Mit ihrem Team plant und verantwortet sie ca. 40 Messen und Events weltweit für die ebm-papst Gruppe. Seit 2018 ist Carolin Lederer für den Bereich Brand Management im Global Marketing verantwortlich. Kernaufgabe ist dabei die Markenbildung und -führung im globalen Unternehmenskontext und im wandelnden wirtschaftlichen Ecosystem.

Bildquelle: ebm-papst

In ihrem Praxis-Case „Neues Denken, Neues Glück – Marketing als Treiber und Gestalter von Change.“ beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION 2020 erläutert Lederer, welche Rolle das Marketing im Transformationsprozess von ebm-papst spielt. Dabei zeigt sie, wie eng Unternehmens- und Markenstrategie zusammenhängen und welche Herausforderungen aber auch Chancen damit einhergehen.

 

Inhaltsverzeichnis

bvik: Liebe Frau Lederer, „Neues Denken, Neues Glück – Marketing als Treiber und Gestalter von Change.“ lautet der Titel Ihres Vortrags beim TAG DER INDUSTRIEKOMMUNIKATION 2020. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, denen sich B2B-Unternehmen – und ganz besonders Marketing-Abteilungen – im Change-Prozess stellen müssen?

Carolin Lederer: Ich denke eine der größten Herausforderungen generell für B2B-Unternehmen ist, dass unsere Mitarbeiter, unsere Kunden und unserer Partner, ja wir alle, neue Maßstäbe an Leistungen und Prozesse legen. Wir sind es doch aus unserem privaten Umfeld gewohnt, dass wir konsumieren wann und wo wir möchten. Zudem sind das Produkt, die Vertriebswege und die Werbung individuell auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten. Wir können nicht mehr zwischen B2B- und B2C-Unternehmen unterscheiden und nehmen diese Erwartungshaltung mit. Aber davon sind ganz viele – vor allem traditionsbewusste – B2B-Unternehmen weit entfernt.

Wir dürfen unsere Organisationen nicht mit den Veränderungen überfallen, aber ich glaube es bleibt unausweichlich, dass wir uns in Zukunft in ständiger Bewegung und im Wandel befinden werden. Wenn wir denken der Change Prozess ist ein Projekt mit einem klaren Abschluss, dann täuschen wir uns. Nichtsdestotrotz muss ein klares Ziel der Veränderung definiert sein. Ich bin ein Fan der „Warum“-Frage und ich glaube es geht vielen Menschen so, dass wir wissen müssen, warum und wofür wir etwas tun. Wenn wir den Sinn für uns erkennen, dann gehen wir den Weg mit – wenn nicht, wird es schwierig für alle Beteiligten. Und da sind wir bei der nächsten Herausforderung: Bei einem traditionsbewussten B2B-Unternehmen mit 55-jähriger Vergangenheit und weltweit mehr als 15.000 Mitarbeiter, wie es auch ebm-papst ist, ist die interne Kommunikation und Überzeugung für Change deutlich herausfordernder als bei Start-ups, mit überschaubaren Mitarbeitern, Historie und einem völlig anderen Mindset.

Welche Rolle spielt das Marketing im Transformationsprozess bei ebm-papst? Wie lassen sich Unternehmensstrategie, Marketingstrategie und Change in Einklang bringen?

Lederer: Ich bin überzeugt, dass das Marketing eine treibende Rolle in einem Transformationsprozess übernehmen kann. Leider wird das nicht überall so von der Geschäftsführung gesehen. Zum Glück war das bei ebm-papst anders. Auch wenn es bei uns lange keine klar dokumentierte und kommunizierte Unternehmensstrategie gab, hat unser CEO uns Marketingverantwortliche immer wieder an unterschiedlichen Punkten an seinen Gedanken und Strategien für die Zukunft teilhaben lassen. Dazu ist natürlich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit Voraussetzung. Selbstverständlich hatte unser CEO damit ein Ziel: Er wollte, dass wir den Wandel sichtbar machen. Es gab über die letzten Jahre immer wieder strukturelle und kulturelle Veränderungen – wahrscheinlich so gehäuft wie noch nie.

Es gibt ja ganz unterschiedliche Wege der Veränderung. Ich würde es bei uns mit einem Mosaikbild beschreiben, an dem an vielen unterschiedlichen Stellen verändert wird. Aber eben nicht der große Hammer genommen wird oder das Bild komplett überpinselt wird. Ebm-papst bringt viel aus der Vergangenheit mit, was das Unternehmen erfolgreich gemacht hat. Darum finde ich die Strategie sinnvoll. Die Gefahr dabei ist aber, dass der Drive und die Power fehlen, um die neuen Schritte ins ganze Unternehmen zu bringen und alle mitzunehmen. Und so waren wir auf einmal in dem großen Projekt involviert. Wir sollten die Veränderung auf die Bühne bringen, ihr ein Gesicht geben.

Wir haben zunächst sehr deutlich aufgezeigt, dass die Veränderung nicht mit einem neuen Corporate Design oder einem neuen Messestand getan ist. Dazu haben wir mit unserer Agentur ein Transformationsmodell entworfen, das aufzeigt, dass die Marke selbst eingebettet ist in einer Unternehmensstrategie und dem Ecosystem in dem wir uns als Unternehmen befinden. Ich denke das war ein sehr wichtiger Schritt. Auf einmal waren wir nicht in der Rolle derer, die da sind, um bunte Bilder zu malen, sondern forderten strategische Unternehmensinformationen ein, um daraus an der Marke zu arbeiten. Wir haben die Geschäftsführung in Workshops mit Fragen auseinandergesetzt wie beispielsweise: Was sind Kompetenzen die wir in Zukunft benötigen? Was sind die größten Megatrends und wie beeinflussen die unser Geschäft? Was sind unsere Antworten darauf? Das sind große Fragen und unser Anspruch war auch nie, daraus eine Unternehmensstrategie zu formulieren. Aber wir haben einen Einblick, eine kleine Sneak-Preview bekommen, mit der wir weiterarbeiten konnten. Aus den Ergebnissen hat sich abgebildet, dass wir eine neue Markenidentität benötigen, die eine große Strahlkraft in alle Bereiche des Unternehmens haben muss. Nur so glauben wir, können wir den Wandel nachhaltig in alle Bereiche des Unternehmens treiben. Uns ist wichtig, nie den Zusammenhang der Marke mit der Unternehmensstrategie zu verlieren. Wir müssen deutlich machen, dass sich beides beeinflusst und untrennbar ist. Neben den klassischen Markenelementen haben wir darum noch eine Markenstory entworfen, die die Unternehmensstrategie und Ziele mit den Markenelementen verbindet. Und das gibt wieder die Antwort auf das „Warum“.

Haben Sie Tipps, wie es gelingt, ein Umdenken im Unternehmen anzustoßen, den Change nachhaltig im gesamten Unternehmen zu verankern und das Marketing zum Treiber und Gestalter des Wandels zu machen?

Lederer: Ich weiß, dass ich mich wiederhole, aber wenn das Warum klar ist, dann ist der erste große Schritt für das Umdenken geschafft. Wir werden die Organisation nicht von der Stelle bewegen können, nur weil der CEO oder das Marketing eine Idee hat, um sich womöglich selber zu verwirklichen. Wenn wir es jedoch schaffen verständlich aufzuzeigen, dass sich unsere Umwelt verändert, dass sich unsere Gewohnheiten verändern, dass sich Technologien verändern, ja auch, dass wir uns und die nachkommenden Generationen noch viel mehr verändern und die Zukunft der Organisation davon abhängt, dann kann Veränderungsbereitschaft erreicht werden.

Ich glaube viele scheitern vor allem an der Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Die Veränderung darf kein Impuls sein, der kurz darauf ausgeklungen ist. Eine neue Markendefinition, die beschreibt wie wir sein wollen, sind erstmal leere Worte. Es wird für uns Marketingverantwortliche wichtig sein, die Marke und die Worte zum Leben zu erwecken – und das werden wir nur zu einem kleinen Anteil selbst machen können. Ganzheitlich betrachtet werden das Management, die HR-Abteilung und auch die Gebäudeverantwortlichen die Marke erst zum Leben erwecken. Wenn wir glauben, dass wir aus dem Brand Management genug Power haben, die Marke in einem 15.000 Mitarbeiter großen globalen Unternehmen am Brennen zu halten, dann wird das alles wohl ein Strohfeuer bleiben. Unsere Aufgabe wird es beim Roll Out und vor allem darüber hinaus sein, die Marke in die Bereiche zu bringen, Menschen zu begeistern und ihnen den Mehrwert und die Chancen aufzuzeigen. Impulse an den richtigen Stellen zu setzen und sie immer wieder damit konfrontieren, da das ganze Thema etwas Abstraktes ist. Für Ingenieure noch viel mehr als für uns. Ein sehr wichtiger Punkt für mich ist noch der klare Auftrag der Geschäftsführung. Wenn erkannt wird, dass es schlussendlich eine Win-Win-Situation auch für die Unternehmensziele ist, dann hat die Bewegung eine ganz andere Dynamik.

Sie sind verantwortlich für Exhibitions & Events. Gerade in diesen Bereichen gibt es einen extremen Wandel durch neue Technologien. Worauf legen Sie bei der Gestaltung Ihrer Messen und Events wert, um den Kunden ein ganz besonderes Erlebnis zu bieten und diese zu begeistern?

Lederer: Für mich ist es ein wahnsinniger Mehrwert, dass ich neben dem Brand Management noch für eine ganz klassische und wichtige B2B-Marketingmaßnahme, nämlich die 3D-Kommunikation, zuständig bin. Ich glaube, beide Bereiche profitieren täglich von der Operationalisierung der abstrakten Brand-Themen in eine anfassbare Umsetzung. Es ist für mich noch ein großes Ziel, diese Brücke aus dem Brand Management in alle anderen Marketing- und Unternehmensbereiche zu bauen. Wir haben uns zum Beispiel den Anspruch in der neuen Marke gegeben, dass wir wandelbar wachsen, inspirierend zusammenarbeiten und mutig voranschreiten möchten. Es gibt so viele Punkte an denen der Besucher oder auch Mitarbeiter das auf dem Messestand ganz praktisch erleben kann – beispielsweise bei einem frisch zubereiteten Rinderfilet von unserem Koch. Sie können sich nicht vorstellen wie wohltuend das in einem hektischen Messetag sein kann, welche Atmosphäre man schafft und welche Gespräche dabei entstehen können.

Aber auch mit unseren mutigen Technologien wie wir neue Produkt darstellen, setzen wir häufig neue Maßstäbe. Mutig heißt hier, dass wir vieles ausprobieren, daraus lernen und es je nach Erfolg anpassen oder das nächste Mal sogar ganz lassen müssen. Wir lernen mit jedem Messeauftritt selbst dazu. Messen und Events sind so wichtige Instrumente um die Marke mit Emotionen zu füllen. Wir haben hier eine riesen Bühne und ein Feuerwerk an Möglichkeiten Menschen durch Begegnungen und Interaktionen zu begeistern. Manchmal sind wir selbst noch zu schüchtern und greifen lieber zu den sicheren Mitteln anstatt Experimente zu wagen. Aber auch hier bin ich überzeugt, dass die neue Marke positiv dazu beiträgt mutiger voranzuschreiten!

In Ihrer „Happy“-Kampagne setzen Sie auf Emotionen. Können Sie uns kurz erläutern, was es damit auf sich hat und was die Ziele dahinter sind?

Lederer: Wir stehen, wie wahrscheinlich sehr viele Unternehmen, vor der Herausforderung, dass sich die Kundenanforderungen durch die Digitalisierung verändern. Das Gute ist, wir haben Antworten für diese Anforderungen. Die USPs dieser Lösungen sind aber so ganz anders, als das, was wir bisher hatten. Es geht um Predictive Maintenance, um Sensorik oder um zentrale Überwachungen von Maschinen und Lüftungsanlagen. Das sind nicht die klassischen Kompetenzen, die man ebm-papst die letzten Jahre zugeschrieben hat. Bisher sind wir bekannt durch energiesparende Ventilatoren, durch extrem leise oder platzsparende Geräte. Und so hat sich über einen längeren Prozess herauskristallisiert, dass wir dieser neuen Digitalisierungskompetenz einen Namen geben wollen. Daraus ist „GreenIntelligence“ entstanden. Die „Happy“-Kampagne kam dann im zweiten Schritt als Visualisierung dieser Idee.

Bei der Kampagnen-Idee haben wir uns bewusst Bildwelten und Zielgruppen angeschaut, wie sie üblicherweise in unserer Technologie-Branche dargestellt werden – der Mitte 40-jährige Ingenieur mit hellblauem Hemd. In der Kampagne stellen wir den Kundennutzen ganz klar in den Vordergrund: Einfachheit, Einsparungen an Zeit und Geld, Sicherheit oder die optimale Betriebsnutzung. Das alles wirkt sich direkt auf den Anwender und unseren Kunden aus. Und wir sind überzeugt, dass ihn diese Features glücklich machen, weil sie ihm das Arbeiten und das Leben erleichtern. Genau dieses Glücksgefühl stellen wir in der Kampagne dar, an ganz individuellen Persönlichkeiten, die sich auf ihre ganz eigene Art und Weise freuen. Wir lassen die Kunden dort quasi ihre eigene Glücksgeschichte mit ebm-papst erzählen. Ich finde das ist auch ein ganz schönes Beispiel, wie wir unserer Marke und unserem Image in der Umsetzung ein neues Gesicht geben können und unsere Markenbotschaften transportieren: Ebm-papst bietet intelligente Vernetzungen über das physische Produkt hinaus. Wir arbeiten inspirierend mit unseren Partnern zusammen und wollen mutig voranschreiten. Und nicht zuletzt ist uns der Mensch eines der wichtigsten Faktoren.

Blicken wir doch kurz in die Zukunft. Wie sieht für Sie das perfekte B2B-Event, der perfekte Messestand oder die perfekte B2B-Kampagne im Jahr 2035 aus. Worauf kommt es an?

Lederer: Ganz egal welche Technolgie oder Trend wir 2035 haben werden, ich bin davon überzeugt, dass wir vor allem glaubwürdig sein müssen. In jeder Kommunikation oder Handlung sollten wir glaubhaft und integer aus unseren Unternehmenswerten und Überzeugungen handeln. Keine Technologie wird uns das abnehmen, sie kann uns neue Möglichkeiten bieten, aber der Kern wird derselbe bleiben. So hat es beispielsweise Red Bull schon vor vielen, vielen Jahren geschafft, aus ihrer Marke eine glaubwürdige Story zu leben, die ganz unabhängig von Digitalisierung oder neuen Medien war. Mit den Red Bull Flugtagen ist Red Bull zu viel mehr als einer Dose Energydrink geworden – und ist sich dabei immer treu geblieben. Ich denke davon sollten wir auch in der B2B-Kommunikation lernen. Auch in unserer Branche sollte es möglich sein, die Geschichte hinter unseren Produkten erlebbar zu machen. 

Der bvik feiert in diesem Jahr sein 10-jähriges Jubiläum. Ebm-papst Mulfingen ist Gründungsmitglied des Verbandes und auch Sie sind aktiv in der Verbandsarbeit und nutzen die Services und Tools des bvik. Welchen Mehrwert bietet Ihnen diese B2B-Community und was wünschen Sie sich für die Zukunft des Verbandes?

Lederer: Ich war schon oft auf bvik-Veranstaltungen und habe es jedes Mal als enorme Bereicherung empfunden. Ich mag es, dass sich dort Agenturen und Unternehmen auf Augenhöhe begegnen. Man geht dort offen mit Herausforderungen um, weil man weiß, dass man nicht allein ist und einem durch die kollegiale Beratung sogar geholfen werden kann. Es ist immer wieder erstaunlich für mich, dass wir doch alle irgendwo mit den gleichen Themen kämpfen. Warum also nicht von den Erfolgen und auch Fehlern von anderen lernen? Ich wünsche mir deshalb, dass der Verband weiterhin immer wieder die Themen der Zeit erkennt und Menschen zusammenbringt. Ich bin überzeugt, dass der Verband mit dem Netzwerk-Gedanken und den modernen Zusammenarbeits-Methoden genau am Puls der Zeit ist.

Zum Schluss noch eine spezielle Frage: Was macht für Sie die Faszination TIK aus? Warum sollten B2B-Marketer dabei sein?

Lederer: Da ich intern schon viele Kundenveranstaltungen bei ebm-papst betreut habe, weiß ich, wie anspruchsvoll Besucher heute sind und welche großen Erwartungen die Leute haben – zu Recht, man gönnt sich schließlich 1,5 Tage außerhalb des Tagesgeschäfts. Nach schon einigen TIKs kann ich sagen, dass ich noch nicht eine Veranstaltung bereut habe. Ganz im Gegenteil: Mich fasziniert die Qualität der Redner, die Auswahl der Themenschwerpunkte und die perfekte Organisation. Neben 1A-Inhalten begegnet man vielen Gleichgesinnten und die Vorträge sowie die beside Gespräche haben mich jedes Mal für meine eigenen Arbeit inspiriert. Ich freue mich schon heute wieder auf die kommende Veranstaltung und bin gespannt auch mal die Perspektive auf der Bühne einzunehmen.

 


TIK DIGITAL 2020 – das Event-Highlight für B2B-Marketer

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