bvik-Glossarbeitrag

Markenwert und Markenbewertung im B2B

Warum eigentlich Marke und wie entsteht Markenwert

Markenwert und Markenbewertung sind zwei wertvolle Werkzeuge. Wurde die Marke lange Zeit als reines Kennzeichen interpretiert, so lässt sie sich im heutigen Wirtschaftsgeschehen gezielt als strategisches und finanzielles Mittel zur Performancesteigerung eines Unternehmens einsetzen. Für jedes Unternehmen stellt eine, in der relevanten Zielgruppe starke und absatzfördernde, Marke einen wesentlichen Werttreiber dar.

Good to know: Marke = Wert
Marke schafft Wert – und das nicht zu knapp! Durchschnittlich macht die Marke mehr als 30 Prozent des Unternehmenswertes aus.
(BIESALSKI & COMPANY Benchmark-Datenbank).

Der aus der Marke resultierende monetäre Wert entsteht im Kern aus der zielgruppenseitigen positiven Wahrnehmung und Wertschätzung gegenüber der Marke. Das führt dazu, dass sich für ein Angebot ein höherer Verkaufspreis und/oder eine Präferenz für ein Produkt und somit mehr Verkaufsmenge realisieren lässt. Aufgrund dessen ist die Marke in der Lage einen auf sie zurückzuführenden Mehr-Gewinn zu erzielen, der nicht realisierbar wäre, wenn der Markeninhaber die Marke nicht besitzen würde. Die Marke stiftet also einen finanziellen Erfolgsbeitrag für ein Unternehmen.

Vertiefende Informationen zur Markenkraft: bvik Whitepaper – Markenkraft im B2B

Um diesen Wert zu quantifizieren gibt der IDW Standard 5 (IDW S5) im Grundsatz das Bewertungsgerüst für immaterielle Vermögensgegenstände vor. Anhand dessen Vorgaben und Bewertungsmethoden, lässt sich ein monetärer Wert für eine Marke ermitteln (Markenbewertung).

Begriff, Hintergrund und Zielsetzung einer Markenbewertung

Die Markenbewertung ist im Verständnis vergleichbar zu einer Unternehmensbewertung. Das Ziel einer Markenbewertung ist, die Marke als immateriellen Vermögenswert mit einem finanziellen Wert zu hinterlegen, dem sogenannten Markenwert. Dieser Markenwert (englisch „Brand Equity“) ist definiert als die Summe des über die Marke generierten Gewinns beziehungsweise Cash-Flows.

Die nach IDW S5 empfohlene Methode zur Bewertung einer Marke auf Produktebene ist die „Mehrgewinnmethode“. Diese beantwortet die Frage, welcher Mehr-Preis und/oder welche Mehr-Menge durch die Marke erzielt werden kann.

Besonderheiten einer Markenbewertung

Die Besonderheit einer Markenbewertung liegt darin, dass nicht nur eine finanziell-orientierte, sondern auch eine verhaltenswissenschaftliche Komponente bei der Wertermittlung der Marke berücksichtigt werden sollte.

Finanzielle Wertermittlung

Die finanzorientierte Sichtweise begreift eine Markenbewertung als die Quantifizierung der monetären Erfolgsgröße für eine Marke. Im Rahmen der im IDW aufgeführten kapitalwertorientierten Methoden (wozu auch die „Mehrgewinnmethode“ zählt) wird hierfür der Barwert aller zukünftigen Cash-Flows, die der Markeninhaber über die Marke erwirtschaften kann herangezogen und wie bei einer herkömmlichen Unternehmensbewertung zum Stichtag abgezinst.

Verhaltenswissenschaftliche Wertermittlung

Verhaltenswissenschaftlich wird ebenfalls die Sicht der Zielgruppe beziehungsweise Konsumenten in die Markenbewertung integriert. Faktoren wie Wertschätzung, Vertrauen oder Attraktivität einer Marke spielen eine elementare Rolle bei der Wertgenerierung über die Marke. Der verhaltensorientierte Markenwert beziehungsweise die sogenannte Markenstärke entsteht aus der holistisch differenzierenden Wirkung der Marke auf die Zielgruppe. Sie ist das Abbild der gesamten zielgruppenseitigen Erfahrungen mit der Marke, des Wissens über die Marke und der Einstellung zu einer Marke.

Der Preis als Indikatorgröße

Eine in der Praxis etablierte Indikatorgröße um beide Perspektiven zu vereinen ist der Preis. Im Zusammenhang der Markenbewertung wird er als der finanzielle Betrag verstanden, der beim Erwerb eines Produktes oder einer Dienstleistung zu entrichten ist. Zudem bildet er die zielgruppenseitige Bereitschaft ab, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, wenngleich vergleichbare Produkte (in Qualität/Leistung) verschiedene Preise aufrufen.

Der Preis hat zwei Kernfunktionen, die für die Bewertung der Marke relevant sind. Einerseits ist er die Gegenleistung von einem zusätzlichen Nutzen eines Markenprodukts, das sich die Zielgruppe verspricht. Andererseits ein Spiegelbild des in der Zielgruppe verankerten Markenimages, der sich im Kaufentscheidungsprozess von der Marke beeinflussen lässt. Beim Kauf des Markenprodukts realisiert der Markeninhaber also einen zusätzlichen Gewinn über die Marke, das sogenannte Preispremium. Dieses wird als die Preisdifferenz zwischen der zu bewertenden Marke und Peer-Group Marken aufgrund der individuellen Vorzüge der Zielgruppe definiert.

Unter Abgrenzung der markenrelevanten Umsätze und Kosten kann über das Preispremium, als den prozentual auf die Marke entfallenden Anteil am gesamten Cash-Flow des Unternehmens, der Markenwert ermittelt werden.

Praktische Anlässe für eine Markenbewertung

Die Anlässe für eine Markenbewertung können sowohl strategische, finanzielle, steuerliche als auch rechtliche Hintergründe haben. Um nur einige davon zu nennen, zeigt die nachfolgende Darstellung die Vielfalt an potenziellen Gründen für eine Markenbewertung.

Strategische Anlässe

  • Aufdeckung von Werttreibern und Markenpotenzialen
  • Evaluierung der Zielgruppenwertschätzung (Preisbereitschaft)
  • Marken-Controlling zur Budget-Allokation und Erfolgskontrolle von Werbe-/ Kommunikationsmaßnahmen
  • Ermittlung von Dehnungspotentialen (z. B. Erschließung verschiedener Preissegmente)
  • Optimierung des Markenportfolios (z. B. Dachmarken-Strategie)
  • Bewertung der Position im Markt/Wettbewerb
  • Markenwert-KPI als Vergütungsgrundlage für das Management

Finanzielle Anlässe

  • Übertragung der Markenrechte (Kauf/Verkauf)
  • Ermittlung des Wertanteils als Teil der Unternehmensbewertung
  • Absicherung von Fremdkapital (in Form der Sicherungsabtretung)
  • Evaluierung einer angemessenen Markenlizenzrate
  • Bestimmung interner Verrechnungspreise
  • Sacheinlage zur Gründung (z. B. von Tochtergesellschaften/Joint Ventures)
  • Due-Dilligence Aktivitäten
  • Bilanzielle Aktivierung als immaterielles Vermögen
  • Schaffung von Investorenanreizen (z. B. bei IPO)

Steuerliche Anlässe

  • Überprüfung der Angemessenheit einer Lizenzrate
  • Steueroptimierte Verschiebung von Markenrechten (konzernintern)

Rechtliche Anlässe

  • Schadensermittlung bei Markenrechtsverletzungen (Quantifizierung der Höhe des Schadensersatzes)
  • Bestimmung eines Vergleichswertes im Rechtsstreit
  • Pfändung der Markenrechte

 

Quellen:

  • Diller, Hermann, Preispolitik, 2. Auflage, Stuttgart, 1991
  • Hermann, Simon, Preismanagement – Analyse – Strategie – Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden 1992
  • Maretzki, Jürgen, Preisorientierte Markenwertmessung, Wiesbaden, 2001
  • Meffert, Heribert/Burmann, Christoph/Koers, Martin, Markenmanagement – Identitätsorientierte Markenführung und praktische Umsetzung, 2. Auflage, Wiesbaden, 2005
  • Günther, Bentele/Mark-Steffen, Buchele/Jörg, Höpfner/Tobias Liebert, Markenwert und Markenwertermittlung, 3. Auflage, Wiesbaden, 2009
  • Pauly-Grundmann, Denise, Markenbewertung – Der objektivierte Markenwert unter besonderer Berücksichtigung des Income Approach, Frankfurt am Main, 2010
  • Holtz, Anthony, 5-Phasen-Methode der Markenbewertung, Wiesbaden, 2012
  • Biesalski, Alexander/Kilian, Karsten, Markenwert – Quo Vadis?, Absatzwirtschaft, 11/2015
    (https://www.biesalski-company.com/wp-content/uploads/2022/01/Absatzwirtschaft_Biesalski_Company_Markenwert_quo_vadis.pdf)
  • Senger, Thomas/Brune, Jens Wilfried, Beck’sches IFRS-Handbuch: Kommentierung der IFRS/IAS, 5. Auflage, München 2016
  • PricewaterhouseCoopers International (Jäger, Rainer/Dawid, Roman/Krostewitz, Andreas/Appel, Hilde/Rossmanith, Vivien) in Kooperation mit der Universität Hamburg (Sattler, Henrik), Markenstudie 2019 – Marken und Markenbewertung im Zeitalter der digitalen Transformation, Oktober 2019
  • Kur, Anette/von Bomhard, Verena/Albrecht, Friedrich, Beck´scher Online-Kommentar Markenrecht, 20. Edition, Stand 01.01.2020, München, 2020
    (https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata/komm/BeckOKMarkenR_20/cont/BECKOKMARKENR.htm)