Case Study: Content-Marketing für komplexe Industrie-Inhalte

Ob technische Spezifikationen, technologische Entwicklungen oder branchenspezifische Fachdiskussionen – Industrie-Inhalte sind oftmals sehr komplex und lassen sich einer breiten Öffentlichkeit scheinbar nur schwer näherbringen. Kommunikationskampagnen haben oft aber das Ziel, unterschiedliche Zielgruppen mit relevanten Informationen zu versorgen. Hier kann Content-Marketing helfen.

Mag. Carina Maurer, SPS MARKETING GmbH
PR- und Marketing-Profi

Carina Maurer ist PR- und Marketing-Profi mit langjähriger Berufserfahrung in der Kommunikationsbranche. Sie studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften sowie Angewandte Kulturwissenschaften an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und arbeitete danach mehrere Jahre als Redakteurin der Wochenzeitung Tips sowie als Spezialistin für Externe Kommunikation bei der Brau Union Österreich. Mit fundierten Kenntnissen in Medienarbeit, Text, Kommunikationsstrategien, Markenpositionierung und Projektmanagement ist sie seit 2014 für die Bereiche Text, Konzeption & PR bei SPS MARKETING verantwortlich. Bildquelle: SPS MARKETING

 

Wie Content-Marketing bei komplexen Industrie-Inhalten funktionieren kann, lässt sich am besten anhand eines Beispiels zeigen: Im folgenden Beitrag möchte ich deshalb näher auf den wirtschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft eingehen, auf die sogenannte „Circular Economy“. Diese wird in den vergangenen Jahren immer wieder als Lösungsansatz zur Bewältigung des zunehmenden Abfallaufkommens ins Spiel gebracht, ihre Hintergründe verständlich zu vermitteln, fällt oftmals allerdings nicht leicht. Gerade die Kunststoff- und Verpackungsindustrie ist jedoch darauf angewiesen, das neue Wirtschaftskonzept plausibel kommunizieren zu können, um Mitarbeiter, Kunden und Entscheider von ihrer Mission überzeugen zu können.

Kunststoff: Der lange Weg vom Werk- zum Wertstoff

Ob Plastiksackerl, Strohhalme oder Coffee-to-go-Becher – um Plastikprodukte ist in den vergangenen Monaten eine heftige Diskussion entbrannt. Diese wäre noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen, schließlich bietet Kunststoff eine Reihe an Vorteilen, die das Leben für Konsumenten praktischer und einfach machen: Kunststoffprodukte sind einerseits leicht und dadurch einfach zu transportieren, sie sind – im Gegensatz zu Glas – unzerbrechlich und andererseits lässt sich Kunststoff als Werkstoff kostengünstig und effizient zu allen nur denkbaren Artikeln und Produkten formen. Kunststoffverpackungen tragen außerdem zu einer längeren Lebensmittelhaltbarkeit bei – mit ein Grund, warum lange Zeit in Supermärkten ohne Verpackungen scheinbar nichts möglich war.

Die Langlebigkeit von Kunststoff hat aber – in Kombination mit einer fehlenden fachgerechten Entsorgung – zu ökologischen Problemen geführt. Jedes Jahr fallen allein in Europa 25 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an, weniger als 30 Prozent davon werden für das Recycling gesammelt. Damit geht nicht nur ein wertvoller Rohstoff verloren, auch die Umwelt leidet unter den zunehmenden Abfallmengen.

Nachhaltige Lösungen für Unternehmen

Immer mehr Menschen haben deshalb beschlossen, dass es so nicht weitergehen kann. Das Thema Nachhaltigkeit hat immer stärker an Bedeutung gewonnen und wird von immer mehr Konsumenten immer stärker eingefordert. Das zwingt auch die Politik und in weiterer Folge die Unternehmen zum Handeln. Gerade das Material Kunststoff und die Auswirkungen des Werkstoffes auf die Umwelt sind in den Medien in Europa stark präsent.

Die „Single-Use Plastics Directive“ der Europäischen Union, die im Juni 2019 veröffentlicht wurde, hat zusätzlich dazu beigetragen, dass das Thema quer durch alle Gesellschaftsschichten intensiv diskutiert wird. Ziel der EU ist es, wiederverwendbare, recycelbare und kompostierbare Produkte zu fördern, die Recyclingrate auf über 50 Prozent zu steigern, verstärkt Rezyklate zum Einsatz zu bringen und Einwegkunststoff zu verbieten. Sowohl Konsumentenwünsche als auch neue rechtliche Rahmenbedingungen tragen dazu bei, dass sich immer mehr Hersteller die Frage stellen, wie sie ihr Unternehmen, aber auch ihre Produkte fit für eine nachhaltige Zukunft machen können.

Circular Economy: Die Natur als Vorbild

Eine Antwort darauf ist nun in der bereits angesprochenen Circular Economy zu finden: einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die von der britischen Ellen MacArthur Foundation, einer Non-Profit-Organisation, weltweit vorangetrieben wird. Doch was genau wird eigentlich unter einer Circular Economy verstanden? Es handelt sich dabei um ein regeneratives Wirtschaftssystem, das durch Innovationen und neue Ansätze versucht, Produkte und Dienstleistungen neu zu definieren, um Verschwendung zu vermeiden und negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft zu minimieren. Vorbild für die Circular Economy ist dabei die Natur, in der alle Stoffe automatisch einen Kreislauf durchlaufen. Der Abfall der einen Art ist die Nahrung der anderen; Pflanzen und Tiere wachsen und sterben wieder, die Nährstoffe fließen zurück in den Boden. Sonne und Regen liefern Energie.

Die Circular Economy zielt darauf ab, Produkte und Dienstleistungen im Sinne der Nachhaltigkeit neu zu definieren. Quelle: Ellen MacArthur Foundation

 

In einem linearen System – wie unserem aktuellen Wirtschaftssystem – gehen die Rohstoffe nach der Verwendung allerdings verloren, gleichzeitig wird bei der Entsorgung von Waschmaschinen, Smartphones und Co. oft giftiger Abfall produziert. Die Circular Economy hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, dieses System von Grund auf zu verändern – auch die Wirtschaft soll zukünftig als Kreislauf funktionieren. Dabei kombiniert der Ansatz zwei unterschiedliche Systeme: Einerseits einen biologischen Kreislauf, innerhalb dessen Lebensmittelabfälle und biologische Materialien wieder in das System zurückgeführt werden und damit an Wert gewinnen. Dafür müssen Bestandteile von Produkten überdacht, Verpackungen neu gestaltet werden – etwa indem kompostierbare Materialien verwendet und am Ende wieder zu Nahrung von Pflanzen und Tieren werden. Andererseits braucht es auch einen technologischen Kreislauf: Geräte und Maschinen können nicht zersetzt werden. Hier sind deshalb neue Ideen notwendig, um kostbare Metalle, Polymere und Legierungen zu erhalten und für andere Produkte neu einsetzen zu können.

Konsumgüter von heute können so zu den Rohstoffen von morgen werden. Statt Produkte wegzuwerfen, würden Konsumenten diese an die Hersteller zurückbringen – dafür müsste die Gesellschaft allerdings das Konzept von Besitztum generell überdenken. Die Idee: Produkte werden von den Produzenten lediglich verliehen, werden sie nicht mehr benötigt, gehen sie an diese zurück. Technische Materialien werden wiederverwendet, wertvolle biologische Stoffe in die Natur rückgeführt. Unter der Annahme, dass alle Produkte mit Hilfe von erneuerbaren Energien hergestellt und transportiert werden, könnte damit ein System entstehen, das Wohlstand für lange Zeit verspricht – wenn auch unter der Voraussetzung, dass alle Wirtschaftsunternehmen weltweit vernetzt agieren und das System von Grund auf neu gestalten.

Neues Wirtschafssystem als Chance für die Industrie

Was bedeutet dieses Konzept nun für ein Verpackungsunternehmen? Nimmt die Industrie die Forderungen der Politik, die Wünsche der Konsumenten, aber auch die Vorgaben der Non-Profit-Organisationen in Bezug auf die Circular Economy ernst, verpflichtet sie sich dazu, in den kommenden Jahren neue Vorschriften und Standards umzusetzen. Diese erfordern zum Teil ein komplettes Umdenken der Branche – und müssen deshalb von intensiven Kommunikationsmaßnahmen begleitet werden, um alle Stakeholder gleichermaßen erreichen und mit Informationen zu versorgen zu kommen. Hier kommt nun auch Content-Marketing ins Spiel.

Content-Marketing: Die passenden Botschaften für die richtigen Zielgruppen

Meiner Meinung nach spielt es eine entscheidende Rolle, dem Thema Nachhaltigkeit in der Kommunikation ganz allgemein eine neue Bedeutung zu geben – der Begriff wird heutzutage so oft verwendet, dass er von vielen Menschen nur mehr als bloßes Lippenbekenntnis gesehen wird. Dafür müssen aber sowohl Mitarbeiter als auch Partner, Kunden und die interessierte Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert werden. Es muss ganz allgemein gezeigt werden, dass die Industrie bzw. das jeweilige Verpackungsunternehmen sich seiner Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft bewusst ist und aktiv an Lösungen arbeitet, die dem Erhalt der Natur dienen. Wenn Kommunikation erfolgreich sein will, muss sie auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden – einzelne Stakeholder-Gruppen müssen analysiert und berücksichtigt sowie spezifische Botschaften vorbereitet werden, die für jede Gruppe die passende Information vermitteln.

In Bezug auf die Vermittlung der Bedeutung der Circular Economy könnten etwa folgende Zielgruppen angesprochen werden:

a) Mitarbeiter des jeweiligen Unternehmens

Um das Thema Nachhaltigkeit in einem Unternehmen zu verankern, braucht es das Mitwirken aller – von der Führungsebene bis hin zum Produktionsmitarbeiter. Es muss intern klar kommuniziert werden, welche Änderungen erwünscht sind, welches Verhalten bzw. welche Einstellung erwartet werden und welche Beweggründe dahinterstehen. Beispiel für die Vorbildwirkung der Führungsebene könnte etwa eine Videoansprache des jeweiligen CEOs sein, in dem dieser sich ganz persönlich an seine Mitarbeiter wendet.

Für Mitarbeiter können aber natürlich auch klassische Kommunikationsmittel wie Mitarbeiterzeitungen, Wandaushänge, das Intranet oder themenspezifische Q&As verwendet werden, um über einzelnen Themen oder Entwicklungen zu informieren. Auch Aktionstage oder gemeinsame Projekte, die sich für das Thema Nachhaltigkeit – etwa am jeweiligen Standort – einsetzen, sind eine gute Möglichkeit, um das Thema emotional aufzuladen und Mitarbeiter zu begeistern.

b) Zulieferer, Geschäftspartner und Kunden

Um ambitionierte Nachhaltigkeitsziele erreichen zu können, ist beinahe jedes Unternehmen auf die Unterstützung seiner Partner und Kunden angewiesen. Vor allem in der externen Kommunikation muss deshalb versucht werden, das Thema Circular Economy zu platzieren. Umsetzungsmöglichkeiten dafür gibt es viele – denkbar ist beispielsweise ein eigener Aktionstag, an dem das Unternehmen in den Dialog mit seinen Kunden und der externen Öffentlichkeit tritt. Vorträge und Diskussionen können stattfinden, der Austausch mit Fachexperten gesucht werden.

Gleiches gilt für Auftritte auf Messen oder bei Symposien – gute Gelegenheiten, um sich selbst zu präsentieren und zu zeigen, welchen Stellenwert das Thema Nachhaltigkeit im Unternehmen einnimmt. Glaubwürdigkeit und Authentizität werden so gestärkt, das Unternehmen kann von seinen Kunden als vertrauensvoller Partner wahrgenommen werden, der Lösungen für die Herausforderungen der Zukunft bietet.

Auch klassische Kommunikationskanäle wie Kundenmagazine, Mailings oder Newsletter können dazu genutzt werden, um einzelne komplexe Themen aufzugreifen und verständlich aufzubereiten. Alle Inhalte sollten stets darauf bedacht werden, mögliche Fragen und Unsicherheiten der Kunden im Detail anzusprechen und Informationen und Lösungsvorschläge anzubieten.

c) interessierte Öffentlichkeit und Entscheidungsträger

Eine Kreislaufwirtschaft ist auf das Engagement der breiten Öffentlichkeit angewiesen. Recyclingmaterialien können nur hergestellt werden, wenn Konsumenten auch tatsächlich recyceln – oder überhaupt zu Recyclingverpackungen greifen, selbst wenn diese im Gegensatz zu Neuware vielleicht nicht besonders ansprechend wirken. In der Kommunikation gilt es deshalb, ein Umdenken herbeizuführen, Bewusstseinsbildung voranzutreiben. Dies kann nur mit einem langfristigen Wiederholen der gewünschten Botschaft gelingen. Auf allen Kanälen, immer wieder – so lange, bis Konsumenten tatsächlich verstanden haben, warum sich ihr Einsatz lohnt und warum Recycling nicht bloß eine spleenige Angewohnheit mancher Weltverbesserer ist.

In der externen Kommunikation lässt sich die gesamte Bandbreite der Kommunikationskanäle nutzen, um Öffentlichkeit und Entscheidungsträger für das Thema zu sensibilisieren. Von TV- und Kinospots, über Radiowerbung, Plakatdominanzen, Inseraten, PRs, Presseaussendungen und Medienterminen, bis hin zu Guerilla-Aktionen und Aktionstage ist alles möglich. Auch im digitalen Bereich lässt sich hervorragend Aufmerksamkeit generieren und optimal auf die jeweilige Zielgruppe zuschneiden. Ob mit eigenen Microsites, Bannern, Social-Media-Aktivitäten oder zielgerichteten Schaltungen. Auch die Zusammenarbeit mit Testimonials ist denkbar, können diese doch die Aufmerksamkeit für das Thema noch einmal verstärken und persönliche Geschichten aus ihrem jeweiligen Blickwinkel erzählen.

Fazit: Geschichten erzählen sich besser als Informationen

Komplexe Industriekommunikation lässt sich selbstverständlich nicht von heute auf morgen umsetzen und braucht mehr als nur einen Kommunikationskanal. Es braucht ein tiefes Verständnis für die Materie und strategische Ziele, die auf die einzelnen Stakeholder heruntergebrochen werden können. Und vor allem braucht es Geschichten – Inhalte, die ansprechen und Bilder, die berühren. So kann auch die Kommunikation von komplexen Inhalten zum Erfolg werden.

 


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