Von B2B zu D2C: WhatsApp & Co. für die Zukunft des Direktvertriebs

Der direkte Kontakt zu Geschäftspartnern und Kunden ohne Zwischenhändler (Direct-to-Customer, D2C) gewinnt für Industrieunternehmen immer mehr an Bedeutung. Experte Matthias Mehner erklärt anhand von Praxisbeispielen, warum Messenger wie WhatsApp und Co. die idealen Kommunikationskanäle für eine erfolgreiche D2C-Strategie sind.

Matthias Mehner, MessengerPeople
CMO

Matthias „Messenger Matze“ Mehner ist Experte für Marketing und Kundenservice über WhatsApp und Co. und als Speaker viel zu dem Thema unterwegs. Nach einigen Jahren und in prominenten Unternehmen wie ProSieben oder Sony als Social Media Experte, hat er sich seit 2017 voll und ganz dem Thema Messenger Kommunikation und Conversational Marketing verschrieben. Als CMO und Mitglied des Management Boards beim Software Spezialisten MessengerPeople hat er Einblick in die Praxis von über 2.000 Unternehmen und Kampagnen. Mehner hat Lehraufträge an verschiedenen Akademien und hält über 50 Vorträge im Jahr im Themenfeld digitale Kommunikation. Im letzten Sommer erschien sein Fachbuch „Messenger Marketing“ im Springer Gabler Verlag.

Bildquelle: MessengerPeople

 

Die Spielregeln für erfolgreiche Industriekommunikation und Vertrieb haben sich in den letzten Jahren massiv verändert: Digitale Handelsplätze erodieren die klassischen Vertriebs- und Handelsstrukturen im B2B-Geschäft und besonders den direkten Kontakt zum Kunden. Resultat: wenig Information über den Kunden und seine Bedürfnisse. Hinzu kommen sinkende Wirksamkeit selbst gut durchdachter Marketing-Kampagnen, aufgrund von Überflutung mit Informations- und Werbebotschaften, der sich Endkunden ausgesetzt sehen. Auf einen Durchschnittsbürger prasseln mittlerweile zwischen 5.000 und 20.000 Werbeeindrücke ein – pro Tag.

Die Customer Experience Studie vom Deutschen Marketing Verband bestätigte das bereits 2018, mit dem Fazit, dass Kunden sowohl im Consumer-, als auch im Business-Bereich Interaktionsmöglichkeiten erwarten, die zunehmend personalisiert und intuitiver ausgestaltet sind.

Neues Denken in Marketing und Vertrieb

Der Landmaschinen-Marktführer John Deere ging hier schon den persönlicheren Weg über E-Mail, stellte aber fest, dass sie so auch nicht mehr zu ihren Kunden durchkommen. So stand für das Team fest: Die veränderten Rahmenbedingungen erfordern ein neues Denken in Marketing und Vertrieb – weg von B2B-Werbebotschaften aus der Unternehmensperspektive hin zur „Direct to Customer“ (D2C)-Kommunikation! Ziel war es, wieder ein besseres Gefühl für den Kunden zu erhalten und damit sein Geschäft erfolgsorientiert für die Zukunft weiterzuentwickeln.

Messenger sind DER Kanal für eine erfolgreiche D2C-Strategie

Messenger-Apps bieten dabei die Möglichkeit, dem Kunden nach der Ära der digitalen Massenwerbung wieder eins-zu-eins, ehrlich und direkt zu begegnen: als Individuum mit Wünschen, Vorlieben und Ansprüchen – und nicht als anonymes Element, dass an irgendeiner Stelle für Umsatz sorgt. Mit diesem Hintergrund hat der Agrarmaschinen-Riese John Deere WhatsApp in seine Kommunikationsstrategie eingebunden: Statt Massenwerbung nach dem 1:n-„Gießkannen“-Prinzip steht der Aufbau einer direkten 1:1-Beziehung zu Kunden und Geschäftspartnern im Fokus. „88 Prozent unserer Zielgruppe verwenden WhatsApp zur Kommunikation. 64 Prozent davon nutzen WhatsApp auch beruflich für den Austausch und die Organisation von Arbeitsprozessen“, ist die Erfahrung des Unternehmens. Mit WhatsApp erreicht John Deere seine Stakeholder „direkt auf dem Feld“.

WhatsApp: der einfachste und persönlichste Kommunikationskanal

Messenger-Apps wie WhatsApp, der Facebook Messenger, iMessage, Telegram und Co. sind heute mit deutlichem Abstand das beliebteste Kommunikationsmedium. Dabei handelt es sich um einen Trend, der nicht nur alle gesellschaftlichen Schichten, sondern auch alle Altersgruppen umfasst: Laut einer YouGov-Studie nutzen WhatsApp 95 Prozent der Deutschen mehrmals täglich. Knapp jeder zweite wünscht sich dabei auch mit Unternehmen über WhatsApp kommunizieren zu können.
Damit zeigt sich, dass Kunden den direkten Dialog suchen und die These des des Cluetrain Manifests „Märkte sind Gespräche“ heute noch Gültigkeit hat. Messenger-Apps können hierbei entlang der gesamten Customer Journey ihre spezifischen Vorteile ausspielen.

Praxisbeispiele: Südzucker, Liebherr & Transgourmet

Neben John Deere setzen auch zahlreiche andere Industrieunternehmen – von Liebherr, über Südzucker und bis hin zum Gastro- und Gemeinschaftsverpflegungs-Spezialisten Transgourmet – erfolgreich auf den Einsatz von Messenger Apps in der direkten Kommunikation mit Kunden.

Liebherr – schneller, unkomplizierter Service via WhatsApp

Im Zentrum der Liebherr-Messenger Strategie steht der Kundenservice via WhatsApp. Ein Chatbot fragt im Vorfeld relevante Daten ab und ermöglicht es auf diese Weise, dass die Mitarbeiter im Kundendienst schnell und individuell auf Kundenwünsche eingehen können. Via Messenger können im Chat auch relevante Informationen (aktuelle Themen, Messeauftritte, Presseberichte, Einsatzfilme, Gewinnspiele, Produktneuheiten etc.) schnell und unkompliziert geteilt werden. „Unser Messenger-Service ermöglicht eine 1:1-Kommunikation zwischen Kunden und dem Unternehmen. Der Kunde fühlt sich verstanden und wertgeschätzt“, erklärt Tobias Ilg, Head of Marketing bei Liebherr Mobil- und Raupenkrane. „Für uns ist es super, aufgrund der Abfragen und vorherigen Nachrichten im Bot bereits alles vom Kunden zu wissen, wenn er mit uns in Kontakt tritt. So können wir gezielt auf den Kunden eingehen.“

Südzucker – WhatsApp als News- und Beratungskanal

Anfang 2018 hat der weltweit größte Zuckerproduzent entschieden, einen Messenger-Service per WhatsApp aufzubauen. „WhatsApp ist seither ein wichtiger Kommunikationskanal geworden“, sagt Oksana Chitos, Leiterin der Rüben- und Prozesskoordination für die Südzucker-Gruppe. „Da wir so aktuelle Informationen Partnern schneller zur Verfügung stellen und die Anbauberatung effizienter durchführen können.“ Im Fokus des Südzucker-Messenger-Service stehen die Beratung und Information der Lieferanten, aber auch der persönliche Austausch mit den Landwirten: Rübenbauern können Fragen zu Bestellungen stellen, werden über verschiedene Rohstoff-Themen beraten und erhalten auf Wunsch Tipps zur Schädlingsbekämpfung, Anpflanzhilfen oder Informationen zu Weiterbildungen und Events.
Bereits kurz nach der Einführung kam der Südzucker-WhatsApp-Service bei den Rübenbauern so gut an, dass die Ansprechpartner die Vielzahl der Anfragen kaum mehr managen konnten. Mittlerweile unterstützt ein Chatbot das Service-Team, der bis zu 80 Prozent der Kundenanliegen (z. B. Fragen zu Kontaktdaten, Abrechnung oder zu Blätterkrankheiten) automatisiert beantworten kann und bei spezifischen Anliegen an einen Mitarbeiter übergibt.

Seinen WhatsApp-Service bewirbt das Unternehmen u. a. auf Messen und in Broschüren (per QR-Code). Ganz ohne weitere Customer Acquisition Costs hat sich der WhatsApp-Service mittlerweile zu einem der wichtigsten digitalen Kommunikationskanäle des Zucker-Verarbeiters etabliert.

Transgourmet – Sales und Reklamationsmanagement über Messenger

Auch der Gastronomie- und Großküchen-Spezialist Transgourmet bietet seinen Kunden die Möglichkeit, das Unternehmen via WhatsApp zu kontaktieren. „Permanente Nachfragen und Kontakt über Privat-Handys der Mitarbeiter sind nur zwei Beispiele, warum wir bei diesem Thema immer mehr Druck gemacht haben“, sagt Lukas Ratschke, Leiter Projekt- und Innovationsmanagement bei Transgourmet. Über den Messenger können Kundenanfragen und Bestellungen schnell und unkompliziert mit relativ geringem Aufwand bearbeitet werden.

Durch die Möglichkeit Bilder des betreffenden Produkts einzureichen, wird WhatsApp auch als Kanal für das Reklamationsmanagement sehr gut angenommen: Auf der Grundlage der eingesandten Fotos kann das Transgourmet meist schneller und fundierter eine Lösung finden, als dies über andere Kanäle (z. B. Hotline) möglich ist. „Wir erhalten viel positives Feedback, wenn wir schnell und unkompliziert helfen konnten“, so Transgourmet-Innovationsmanager Ratschke. „Die meisten Kunden fragen gar nicht, wofür man Messenger wie WhatsApp nutzen könnte, sondern tun dies intuitiv.“ Erhalten Kunden dann noch den Service, den sie erwarten resultiert daraus eine nachhaltige Kundenbeziehung.

Fazit: Vom Messenger Chat zum Direktvertrieb über WhatsApp

Die Nachfrage nach Messenger-Kommunikation seitens der Kunden ist gegeben. Die Kunden des 21. Jahrhunderts wollen mit Unternehmen kommunizieren, sich auf Augenhöhe mit ihnen austauschen, sie mitgestalten und ihre Werte und Leitbilder teilen können. Mit anderen Worten: Sie wollen die Marke im direkten Dialog für sich persönlich „erleben“ können. Messenger sind dabei DER Kanal für eine erfolgreiche D2C-Strategie, auch in der Industriebranche! Es entsteht eine persönliche und nachhaltige Kundenbeziehung, über die Unternehmen im direkten Austausch wichtige Informationen über ihre Zielgruppe gewinnen und ihren Absatz fördern können.

Dank offener Schnittstellen bieten WhatsApp und Co. die Möglichkeit zur Anbindung an unternehmenseigenen CRM- und Accounting-Systeme sowie zur einfachen Installation von Chatbots zur Marketing und Service Automation. Damit haben Messenger Apps das Potenzial, sich über alle Stationen der Customer Journey hinweg zu einem Kanal zu entwickeln, über den sich sämtliche Kundeninteraktionen und -transaktionen abbilden lassen. Vom Messenger Chat zum Messenger Commerce ist es dann nur noch ein kleiner Schritt.

 


Veranstaltungstipp

TIK-Masterclass „Direct-to-Customer ist der Leitspruch dieser Dekade!“
Datum: 15. September 2020
Referenten: Ralph C. Hübner & Matthias Mehner
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