Spagat zwischen Klassik und Digital? Der richtige Marketing-Mix im B2B

Digitales Marketing hat in unserem vernetzten Zeitalter stetig an Bedeutung gewonnen und steht ganz oben auf der Agenda vieler Marketing-Entscheider im B2B. Grundlegend verändert hat sich nicht nur das Such- und Kaufverhalten der Kunden, sondern auch die Landschaft der Medien und Plattformen. Seit Jahren findet eine beinahe explosionsartige Vermehrung der digitalen Kanäle statt.

Für Marketer und Kommunikatoren bedeutet dies zwar einerseits ein Füllhorn an neuen Möglichkeiten für die Kundenansprache, jedoch auch eine enorme Erhöhung des Aufwands und der Aufgaben: Zusätzliche Kanäle müssen mit relevantem Content bespielt werden, neue Tools verändern die Prozesse und Datenanalyse hat sich mittlerweile zur Königsdisziplin auch für Marketer entwickelt. Zudem erhöhen die Anforderungen des globalen Marktes den Druck, da insbesondere in Asien das Digitalisierungsniveau bereits deutlich höher ist als in Europa.

Angesichts dessen müsste die logische Folge sein, dass auch die Budgets und Ressourcen, die dem Bereich Marketing und Kommunikation zur Verfügung gestellt werden, mit den Aufgaben wachsen. Eine andere Möglichkeit ist die Umverteilung der gleichbleibenden Budgets von klassischen zu digitalen Kanälen.

Größere Budgets im B2B

Für den B2B-Bereich weist die jährliche Studie „B2B-Marketing-Budgets“ des Bundesverband Industriekommunikation e.V. (bvik) eher in Richtung des erst genannten Szenarios: Die durchschnittlichen Gesamtbudgets (intern und extern) für B2B-Marketing und -Kommunikation in der Industrie haben sich seit dem Jahr 2015 um mehr als 50 Prozent erhöht und sind von 1,73 Mio. EUR in 2015 auf 2,62 Mio. EUR in 2017 gestiegen. Vergangenes Jahr beispielsweise flossen im Schnitt 1,75 Prozent des Gesamtumsatzes der befragten Unternehmen in den Bereich Marketing und Kommunikation. Insgesamt also erfreuliche Zahlen, die zeigen, dass mittlerweile auch in mittelständischen B2B-Firmen ein Umdenken stattgefunden hat und der Beitrag des Marketings zum Unternehmenserfolg erkannt wurde.

Klassik bestimmt den Ton im Marketing-Mix

Wenig revolutionär ist dem gegenüber laut bvik-Studie die prozentuale Verteilung der externen Marketing-Etats auf die verschiedenen Marketing-Kanäle. Seit Jahren setzen B2B-Marketer hier hauptsächlich auf klassische Maßnahmen, eine Umschichtung der Budgets ist fast nicht erkennbar. Die TOP 3 beim externen Marketing-Etat belegen seit 2011 die Bereiche Messe, Produktinformationen und klassische Printwerbung mit 39, 13 und zehn Prozent. Zu den Schlusslichtern zählt hingegen die Präsenz in den sozialen Netzwerken, wofür die befragten Unternehmen lediglich ein bis zwei Prozent der externen Marketing-Budgets ausgeben. Für Online-Werbung werden immerhin durchschnittlich fünf Prozent verwendet. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass die letztgenannten Bereiche überwiegend intern von den Unternehmen durchgeführt werden und daher hier umso mehr internes Marketing-Budget in Form von Personalkosten steckt.

Totgesagte leben länger

Spitzenreiter seit Jahren im B2B-Marketing-Mix ist budgetmäßig gesehen die zwischenzeitlich immer wieder totgesagte Messe. Sie beansprucht nach wie vor den größten Anteil am Kuchen der externen Marketing-Etats von B2B-Unternehmen. Mehr noch, die Messe bekam in den letzten Jahren sogar einen leichten Aufwind und verbuchte im Jahr 2017 ganze 39 Prozent des gesamten externen Marketing-Budgets – 2011 waren es hingegen nur 34 Prozent. Die Gründe lassen sich nur vermuten, doch eine Erklärung liegt nahe: Je digitaler die Welt, desto größer das Bedürfnis nach persönlichen Kontakten. Gerade im Investitionsgüter-Sektor spielt Vertrauen bei der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle und das lässt sich bekanntlich leichter einem persönlichen Gespräch face-to-face aufbauen als beim Surfen auf einer Webseite. Ein weiterer Grund: Hightech am Messestand in Form von Apps und Screens treibt die Kosten für die Messepräsenz nach oben.

Doch auch andere klassische Kanäle stiften offensichtlich weiterhin Mehrwert für B2B-Unternehmen: Der Bereich Produktinformationen, worunter auch der gute alte Produktkatalog zählt, beansprucht seit 2011 stabil zwischen 13 und 14 Prozent der externen Marketing-Budgets. Denn trotz aller Veränderungen durch die digitale Transformation gibt es weiterhin B2B-Kunden, die den gedruckten Produktkatalog ihrer Lieferanten in den Ausmaßen eines Großstadt-Telefonbuchs lieben.

Das eine tun und das andere nicht lassen

Der Kunde steht im Mittelpunkt und deutet durch seine Verhaltensweisen den Weg, der sicherlich auch für mittelständische Industrieunternehmen mittelfristig immer mehr in Richtung digital geht, ohne erfolgreiche klassische Kanäle zu vernachlässigen. Denn auch B2B-Einkäufer haben sich an die komfortablen Möglichkeiten von Online-Shops gewöhnt, die sie aus dem Privatleben kennen und schätzen. Der B2C-Bereich ist also die Benchmark und setzt die Messlatte hoch. Deswegen müssen auch in Industrieunternehmen weiterhin die digitalen Kanäle ausgebaut und den gestiegenen Nutzer-Anforderungen angepasst werden. Responsive Design und personalisierter Content sind nur zwei Schlagworte dazu.

Ob online oder offline: Wichtig ist dabei immer, beide Bereiche geschickt zu verzahnen, so dass der eine Kanal den anderen sinnvoll unterstützt und beide Hand in Hand auf die Kampagnenziele einzahlen. Schließlich gilt es auf die Kanäle zu setzen, die am Ende die größte Wirkung erzielen und den besten Return-on-Invest liefern. Um dies zu beurteilen, sind Kennzahlen das Mittel der Wahl. Außerdem helfen Benchmarkdaten aus der gleichen Branche, um sich und seine Aktivitäten mit denen anderer Unternehmen zu vergleichen, die in einer ähnlichen Liga spielen.

Hier setzt der bvik mit seiner Studie „B2B-Marketing-Budgets“ an, die seit 2011 jährlich durchgeführt wird. A

 

Autorin: Verena Ellenberger, Leitung der bvik Geschäftsstelle