Der Vertrieb der Zukunft ist digital

Vermeidung unnötiger Reisekosten, Erschließen neuer Zielkunden und Märkte, Chancen der Digitalisierung zur eigenen Effektivität ergreifen – die Vorteile der Digitalisierung des Vertriebs sind bedeutend. In diesem Artikel erfahren Sie, warum genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, den Vertrieb zu digitalisieren und die Potenziale nutzen.

Yves Naumann, mellowmessage GmbH
Senior Consultant Digital Marketing

Seit 2002 unterstützt Yves Naumann bei mellowmessage B2B-Unternehmen bei der Umsetzung digitaler Geschäftsprozesse und der Vermarktung in den Online-Kanälen. Als Project Manager, Key Account Manager und Unit Director hat er zahlreiche Projekte für Industrieunternehmen wie STILL, KAUP und SEMIKRON verantwortet. Heute begleitet er B2B-Unternehmen bei der digitalen Evolution ihres Marketings.
Yves Naumann bei LinkedIn, Yves Naumann bei XING. Bildquelle: mellowmessage GmbH

 

Kontaktbeschränkungen, Messe-Ausfälle und Homeoffice – der Berufsalltag vieler B2B-Unternehmen wurde im Frühjahr ordentlich durcheinandergewirbelt. Ihre Gesundheit sowie Ihr eigener Schutz und der Ihrer Familie, Bekannten und KollegInnen stehen bei diesen Maßnahmen natürlich an erster Stelle. Die Auswirkungen auf Unternehmen sind jedoch weitreichend und viele MitarbeiterInnen aus Marketing, Vertrieb und Einkauf befinden sich weiterhin in Kurzarbeit. Besonders den Vertrieb im Außendienst stellt die Situation vor bisher nie dagewesene Herausforderungen: Wie kann er ohne klassischen Kundenkontakt arbeiten und erklärungsintensive Produkte für Kunden erfahrbar machen?

Warum digitaler Vertrieb?

Die Lösung liegt in der Digitalisierung des Verkaufsprozesses. Beim Gedanken daran herrscht bei vielen VertriebsmitarbeiterInnen zunächst Unwohlsein aus Angst, durch digitale Prozesse ersetzt zu werden. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Technische Lösungen unterstützen den Vertrieb, effizienter zu arbeiten und wertvolles Budget einzusparen, zum Beispiel durch die Reduktion unnötiger Reisetätigkeiten. Die Expertise des Vertriebs bleibt jedoch weiterhin gefragt, um Interessenten optimal zu beraten sowie individuelle Lösungen passgenau nach den Kundenanforderungen zu entwickeln. Bei geschicktem Einsatz lassen sich auf diese Weise sogar neue Zielgruppen und Märkte erschließen, die bei erhöhtem Akquisitionsaufwand nicht wirtschaftlich wären. Der Vertrieb wird daher in Zukunft weniger als menschliches Faxgerät zur Bestellannahme agieren, sondern kann als Know-how-Träger beratend wirksam sein und sich auf die Begleitung wichtiger Kunden konzentrieren.

Der Weg zum digitalen Verkaufsprozess

Aufgrund der anfänglichen Unsicherheit und Angst gilt es, MitarbeiterInnen aus Marketing, Vertrieb und Kundenservice für dieses Vorhaben zu sensibilisieren. Ziel des Prozesses ist die reibungslose Kundenansprache sowie Begleitung im Kaufprozess und darüber hinaus. Eine hart abgegrenzte Trennung der Verantwortlichkeiten in Abteilungen ergibt aus Kundensicht kaum Sinn. Vielmehr sollten die Aktivitäten ineinandergreifen, Kontaktpunkte miteinander verzahnt sein und Kampagnen von allen Kunden-Verantwortlichen im Unternehmen unterstützt werden. Die Digitalisierung bietet hierbei den Anlass für eine neue Form der Zusammenarbeit und das Aufbrechen starrer Strukturen und Machtgefüge, um den Kunden ins Zentrum aller Aktivitäten zu stellen.

Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit bildet die kundenzentrierte Betrachtung des Geschäftsmodells, die Entwicklung einer sinnstiftenden Vision sowie die Beschreibung einer optimierten Kundenreise über alle Abteilungen hinweg. All diese Überlegungen und resultierenden Maßnahmen sollten in einer gemeinsamen Strategie festgehalten werden, die abteilungsübergreifend Orientierung bietet und die wichtigsten Initiativen zur Weiterentwicklung fixiert.

Darauf basierend werden die ersten Projekte mit interdisziplinären Teams initiiert und gestartet. Besonders vorteilhaft in der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit gestaltet sich eine agile Arbeitsorganisation mit crossfunktionalen, themenbezogenen Projektgruppen. Regelmäßige Besprechungen ermöglichen den stetigen Austausch über das gemeinsame Vorgehen. Nutzen Sie diese Meetings, um aktuelle Schwierigkeiten und Optimierungspotenziale anzusprechen, sodass Ihre aktuelle Strategie stetig hinterfragt wird und die Bedürfnisse Ihrer MitarbeiterInnen berücksichtigt werden.

Die vier Phasen des digitalen Vertriebs in der Praxis

Der erste Schritt: die Kontaktaufnahme

Inbound-Marketing bietet Ihnen effektive Möglichkeiten zur digitalen Leadgenerierung, -qualifizierung und -anreicherung, indem Kunden und Interessenten wertvolles Wissen und Unterstützung durch hilfreiche Tools bereitgestellt werden. Nutzen Sie hier die Vorteile der Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb und ermitteln Sie, welche Inhalte und Maßnahmen erfolgversprechend sind. Ein gemeinsam genutztes System zum Lead Management erleichtert es Ihnen, relevante Kontakte schnell herauszufiltern und erste Interessen ausfindig zu machen.

Aufgrund verringerter Verfügbarkeit und Kurzarbeit sind aktuell viele Kontakte nur eingeschränkt erreichbar. Nutzen Sie dies als Chance, Social Selling in Ihre Vertriebsstrategie zu integrieren und auszubauen. Über soziale Netzwerke wie LinkedIn und XING erreichen Sie Ihre Zielkunden nahezu unabhängig von Zeit und Ort und können den ersten Kontakt herstellen sowie weitere Stakeholder in die Anbahnung involvieren.

Intensive Beratung der Zielgruppe ermöglichen

Nach der ersten Kontaktaufnahme liegt der Fokus auf dem Ausbau Ihrer Kundenbeziehung, indem Sie Interessenten eine intensive Beratung zu Ihren Leistungen anbieten. Technische Systeme wie Chatbots und Beratungstools auf Ihrer Website unterstützen dabei, Interessierten erste Orientierung zu bieten und den Customer Service zu stärken.

Darüber hinaus sind Produktvideos und Webinare von großer Bedeutung, um auf den Nutzen und die Ausgestaltungsmöglichkeiten erklärungsintensiver Produkte einzugehen. Die Bereitstellung von Mustern oder Demo-Anwendungen steigert das Produkterlebnis für die Zielkunden und damit auch die Kaufbereitschaft.

Individuelle Beratungstermine per Webkonferenz werden zunehmend den Termin vor Ort ersetzen, bieten sie doch Flexibilität in der Terminfindung für Kunden rund um die Welt und reduzieren kostenintensive Reisetätigkeiten. Die digitale Termingestaltung hat eine Umstellung für die VertrieblerInnen zur Folge und bringt technische Herausforderungen mit sich, die meist jedoch schnell gelöst sind. Um die Vorteile des persönlichen Kontakts vor Ort zu kompensieren, bedarf es guter Methoden für den Beziehungsaufbau, die Bedarfsermittlung, die Lösungsskizzierung, die Erwartungsabfrage zur möglichen Zusammenarbeit sowie die Klärung nächster Schritte. Dafür sollte ein strukturierter Ablauf entwickelt, intensiv geschult und ausgetestet werden. Tools wie Miro oder Padlet helfen im Beratungstermin, das Vorgehen sowie die Arbeitsergebnisse zu visualisieren und erzeugen ein Gefühl des gemeinsam Geschaffenen, was sehr dankbar von Kunden angenommen wird, da es doch auf ihre individuelle Situation einzahlt.

Die Beratungsergebnisse, weiterführende Informationen oder auch Preislisten und Angebote können dem Interessenten anschließend auf einer individuellen Landingpage bereitgestellt werden, die er in seinem Unternehmen mit weiteren Stakeholdern teilen kann. So bleiben alle relevanten Informationen an einem Platz und können sogar mit Fortschreiten der Beratung aktualisiert und ergänzt werden. Hierfür gibt es von diversen CRM-Anbietern entsprechende Lösungen, aber auch LinkedIn bietet diese Funktionen über seinen Sales Navigator.

Den Verkauf digital abschließen

Jetzt kommen wir in die heiße Phase: den Verkauf. Hier lässt sich durch E-Commerce vor allem bei einfachen Produkten ohne großen Erklärungsbedarf der Kauf direkt online abschließen. Hierbei kann es je nach Nutzerverhalten und Produkt sinnvoll sein, den Kaufwilligen im eigenen Online Shop zu bedienen oder aber an entsprechende VertriebspartnerInnen weiterzuleiten bzw. Marktplätze wie Amazon Business oder Mercateo zu nutzen. 

Für erklärungsintensive B2B-Lösungen sind Tools zur Entscheidungsfindung empfehlenswert, beispielsweise Produkt- und Preiskalkulatoren, die zu einer konkreten Angebotsanfrage führen. Doch spätestens jetzt führt kein Weg mehr an einem persönlichen Austausch vorbei, um individuelle Lösungen, komplexe Vertragsgestaltungen, Abstimmungen zu Lieferbedingungen und Aspekte der Zusammenarbeit zu klären. Auch diese Gespräche lassen sich virtuell mit Struktur, Methoden und Technik sehr gut umsetzen und zu einem erfolgreichen Abschluss bringen.

Die Phase danach: die Kundenbetreuung

Ein erfolgreicher Vertragsabschluss stellt noch nicht das Ende Ihres Lead-Management-Prozesses dar. Über eine kontinuierliche Kundenbetreuung gewährleisten Sie den Ausbau Ihrer Beziehungen und erzielen nachhaltige Erfolge. Zum Beispiel können automatisierte Kundenzufriedenheitsbefragungen nach Vertragsabschlüssen oder Serviceleistungen für ein erhöhtes Kundenverständnis sorgen und die Optimierung Ihrer Leistungen bewirken.

Auch die digitale Reaktion auf Ereignisse wie auslaufende Fristen, Ansprechpartnerwechsel oder Serviceanfragen bieten Möglichkeiten, die Kunden aktiv weiter zu entwickeln und das Geschäft zielführend auszubauen. Digitale Treueprogramme sorgen zudem dafür, den Abverkauf zu erhöhen, indem eine intensive Zusammenarbeit belohnt wird. Und nicht zuletzt sorgt auch automatisiertes Inbound-Marketing bei Bestandskunden dafür, neue Bedarfe und Stakeholder in den Unternehmen zu ermitteln, passende Lösungen anzubieten und den Vertrieb zu aktivieren.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Fusion von Marketing und Vertrieb mit digitaler Unterstützung bietet ein riesiges Potenzial für B2B-Unternehmen, um zum einen neue Märkte und Zielgruppen anzugehen, aber auch Bestandskunden zu aktivieren und auszubauen. Hierfür muss jedoch erst einmal ein Miteinander geschaffen und das ein oder andere Anreizsystem im Unternehmen überdacht werden!

 


Veranstaltungstipp

bvik-Webinar „Kunden per Knopfdruck? – So machen Sie den Weg frei für automatisiertes Marketing“
Datum: 1. Oktober 2020
Gastgeber: mellowmessage GmbH
Mehr Informationen zum Webinar

 


Studie „Digitalisierungsschub 2020 im B2B-Marketing“

Hat Ihre Abteilung / Ihre Organisation durch die Corona-Krise einen Digitalisierungsschub erhalten?

Der bvik – der Industrie-Verband für Kommunikation & Marketing – führt aktuell gemeinsam mit seinem Mitglied marconomy und der Hochschule der Medien Stuttgart die Studie „Digitalisierungsschub 2020 im B2B-Marketing“ durch. Diese gibt Auskunft über den aktuellen Status der digitalen Transformation im deutschen B2B-Marketing und inwieweit die Krise Treiber für einen Digitalisierungsschub im B2B ist. Zur Teilnahme aufgerufen sind alle B2B-Marketer aus Industrie, Agentur- und Messelandschaft. Die Studie läuft noch bis 18. September. Alle Teilnehmer erhalten die detaillierten Auswertungsergebnisse im Oktober 2020 kostenfrei.