So gelingt ein digitaler Marken-Change!

[no_toc] Dr. Sunia Lausberg erklärt im bvik-Gespräch, wie Dürr Systems die Transformation von einem traditionellen Maschinen- und Anlagenbauer zum Anbieter digitaler Produkte gelungen ist. Sie erläutert, welche Anforderungen mit einem solchen Change-Prozess verbunden sind und wie es gelingt, eine neue Marke erfolgreich zu positionieren.

Dr. Sunia Lausberg, Dürr Systems AG
Senior Manager Marketing

Dr. Sunia Lausberg, geboren 1969 in Hamburg, studierte nach dem Abitur in Marl Geologie und Paläontologie an der Universität Münster und promovierte in Paläobotanik. Während des Studiums und als erste Berufsstation arbeitete sie in naturkundlichen Museen und lernte von der Pike auf, Inhalte zu vermitteln, Besuchergruppen zu führen und Ausstellungen von der Ideenfindung bis zum Abschließen der letzten Vitrine kurz vor Eröffnung umzusetzen. Der Wechsel ins B2B-Marketing transformierte dies in die Umsetzung komplexer technischer Sachverhalte in kundenorientierte Kommunikation. 2004 trat sie bei Dürr ein und war dort über viele Jahre in der Division Paint and Final Assembly Systems tätig. Seit 2018 leitet sie das Marketing der Dürr Systems AG.

Bildquelle: Dürr Systems AG

 

Inhaltsverzeichnis

bvik: Lieber Frau Dr. Lausberg, der Titel der bvik-Veranstaltung am 23. Februar bei Ihnen lautet „Der Maschinen- und Anlagenbau im Wandel: Vom Anwender zum Anbieter digitaler Produkte.“ Können Sie uns kurz skizzieren, welche Insights die Teilnehmer bei diesem Event erhalten werden?

Dr. Sunia Lausberg: Dürr feiert 2021 sein 125-jähriges Jubiläum. Obwohl wir auf unsere Historie stolz sind, möchten wir im Marketing vor allem unsere Innovationskraft und Zukunftsorientierung unterstreichen. Aus diesem Grunde haben wir unsere Markenbotschaft geschärft und unser Corporate Design neu aufgesetzt. Im gleichen Zug haben wir unsere aktuelle und künftige Anlagen-Software unter einem neuen Produktlabel platziert. Dem gesamten Prozess gingen organisatorische Veränderungen bei Dürr voran, in denen Kompetenzen gebündelt wurden. So entstand beispielsweise die Digital Factory als digitaler ThinkTank. Auch das ursprünglich getrennt agierende Marketing in den drei Divisionen der Traditionsmarke Dürr wurde zusammengelegt. Wir lassen Sie heute quasi in unsere Töpfe schauen.

Die Veranstaltung wird auf Ihrer innovativen, neuen digitalen Plattform stattfinden. Können Sie uns hierzu schon etwas verraten?

Dr. Lausberg: Wir gehen davon aus, dass sich unabhängig von der Pandemie in Zukunft vertriebliche Gespräche und Produktvorstellungen in virtuelle Welten verschieben oder zumindest um diese ergänzt werden. Wir entwickeln deshalb eine virtuelle Plattform, auf der wir flexibel und unabhängig Kundentage und Messen realisieren können. Unsere Besucher sollen dort nicht nur Präsentationen sehen und sich austauschen können, sondern in einem virtuellen Technical Center unsere Maschinen und Prozesse realistisch und in 3D erleben. Den ganzen Umfang unserer virtuellen Plattform werden wir erstmalig bei unserer diesjährigen Kundenwoche, dem Open House im Oktober einsetzen.

Im Zentrum der Agenda stehen neben Praxis-Cases aus Sicht von Industrieunternehmen das Cross-Agency Working der Agenturen von Dürr. Wie sehen Sie die Positionierung der Agenturen 2.0 und wie wird dieser Prozess von Dürr gesteuert und umgesetzt?

Dr. Lausberg: Wir müssen auf diverse Agenturen zurückgreifen, da unser Bedarf bei der Erstellung unseres Medien-Mixes sehr hoch ist. Dies setzt gewisse Uneitelkeiten und hohe Transparenz aller Beteiligten voraus. Für uns gehört zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auch, eine langfristig verlässliche Partnerschaft zu vermitteln. Unsere Projekte vergeben wir entsprechend der Stärken der Agenturen. Dabei haben wir zum Teil Schwerpunkte gesetzt und orchestrieren die Agenturen so, wie wir ihren Fokus sehen.

Dürr Systems hat sich von einem traditionellen Maschinen- und Anlagenbauer zu einem führenden Anbieter von Digitalisierungssoftware im Maschinen- und Anlagenbau entwickelt. Was war der Grund für diesen Wandel?

Dr. Lausberg: Grund sind die sich stetig erweiternden digitalen Möglichkeiten. Dürr arbeitet seit mehr als 25 Jahren an der Digitalisierung von Maschinen und Prozessen. Die Leittechnik zur Produktionssteuerung haben wir in mehr als 180 Fabriken weltweit implementiert. Als man noch nicht von „Industrial IoT“ oder Industrie 4.0 sprach, haben wir das „IT von Professionals für Professionals“ genannt. Aber die Entwicklung geht immer weiter. Wir greifen diese Entwicklungen auf und verknüpfen sie mit unserem Business. Als Maschinen- und Anlagenbauer haben wir im Unterschied zu reinen Software-Unternehmen Daten unserer Maschinen und Anlagen direkt verfügbar. In der Digital Factory verbinden wir unser Domänen- und Prozesswissen mit unserer Software-Kompetenz. Entsprechend erweitert unser digitales Portfolio die Funktionalität der Maschinen und Anlagen und steigert deren Effizienz weiter. Deshalb ist Digitalisierung einer der wichtigsten Trends in unserer Branche – und wir treiben ihn voran.

Können Sie uns einen kurzen Einblick geben, wie die Neuausrichtung der Marke aussieht und umgesetzt wurde?

Dr. Lausberg: Uns ist wichtig, unsere traditionellen Werte wie Kompetenz und Innovationskraft in der Wahrnehmung stärker mit den aktuellen Technologie-Visionen zu verknüpfen. Wir möchten unsere „frische Denke“ kommunizieren, bei gleichzeitiger Betonung unserer Professionalität und Verlässlichkeit in der technologischen Umsetzung. Start-up-Mentalität klingt zunächst gut, aber viele Start-ups improvisieren sehr stark und manche sind nach kurzer Zeit Geschichte. Die Kombination zu kommunizieren, ist unser Anliegen. Das war uns wichtig bei der Konzeption des Corporate Designs und auch bei der Produktmarkenentwicklung.

Wie haben sich die Anforderungen an die Markenkommunikation (intern und extern) bei Dürr durch diesen Change-Prozess verändert?

Dr. Lausberg: Digitalisierung war für einige Jahre das Trend-Thema Nummer eins, erst in den letzten ein bis zwei Jahren wurde es wieder durch die E-Mobilität abgelöst. Wir haben zunächst unsere digitalen Entwicklungen ganz bewusst in den Vordergrund gestellt, um uns am Markt Gehör zu verschaffen. So war bei unserem Open House 2019 ein über 270 Quadratmeter großer Stand dem Thema Digitalisierung und der Erstplatzierung unserer Softwaremarke DXQ gewidmet. Digitalisierung für sich genommen, ist aber kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um andere Ziele wie Effizienzsteigerung, Service, Nachhaltigkeit voranzutreiben. Wir gehen nun dazu über, unsere Software als „Enabler“ für Optimierungen in direkter Nähe zum Prozess und mit ihrem konkreten Nutzen aufzuzeigen. 

Wie gelingt es, die vorhandene Unternehmens-DNA passend zur neuen Marke zu „transformieren“, um neue Markenwerte zu erweitern und die neue Marke entsprechend zu positionieren.

Dr. Lausberg: Wir haben sowohl unser neues Corporate Design als auch die Digital-Marke DXQ zusammen mit einem Open-House-Konzept 2019 einem großen Publikum vorgestellt. Von diesem Event ging eine große Strahlkraft aus. Der rein grafische Auftritt hat einen großen Anteil an der Wahrnehmung unserer Marke. Aber natürlich sind wir mit einer App mit interaktiven Elementen auch viel digitaler aufgetreten als je zuvor. Wir haben auf Drucksachen verzichtet und mit diversen kleineren Extras – von der Ladestation bis zur Social-Media-Begleitung – immer wieder digitale Signale gesetzt, die unseren eigenen Anspruch unterstrichen haben. In Kombination mit den Produkt-Innovationen ist uns einem großen Publikum gegenüber ein Turnaround in der Wahrnehmung gelungen. Die Positionierung unserer Marke unterstreichen und festigen wir kontinuierlich in unserer Außenkommunikation, beispielsweise durch kreative Produktfilme, Insights in unserem Web-Magazin Dürr&More, Social-Media- und Anzeigen-Kampagnen.

Vor welchen Herausforderungen standen Sie und welche Learnings gibt es, die Sie Marketing-Kollegen mit auf den Weg geben würden, die einen solchen „Marken-Facelift“ planen?

Dr. Lausberg: Ich denke, da gibt es drei wesentliche Punkte: Absolute Unterstützung des Managements, ein super Team und eine erstklassige Agentur. Wir hatten alles drei. Jede Veränderung – leider ist das so – bringt Skepsis mit sich. Die Mitarbeiter haben wir durch eine interne Kampagne im Vorfeld gut vorbereiten können. Wir haben einige Design-Preise für unser Corporate Design bekommen. Fakt ist aber auch, dass man mit keinem Ansatz jeden Mitarbeitenden vollständig überzeugen kann.

Auch der bvik setzt auf Digitalisierung und möchte die Zukunft des B2B-Marketings mit seinen Mitgliedern aktiv mitgestalten. Welchen Mehrwert bietet Ihnen die große B2B-Community und was wünschen Sie sich für die Zukunft des Verbandes?

Dr. Lausberg: Als Marketing steht man in einem Unternehmen zwar exponiert, aber immer auch ein wenig abseits. Beim bvik geht es darum, eine eigene Peer-Group zu haben mit allem, was dazu gehört. Sich zu vergleichen: Wo stehe ich eigentlich mit meinem Marketing? Das sind zum Teil auch sehr ehrliche Momente. Manchmal kann man sich aber auch klar abgrenzen. In jedem Fall lassen sich eigene Ziele und Wege ableiten. Voneinander lernen, Ideen anderer sehen, eigene abzuleiten oder vollständig neu zu entwickeln.

 


Weiterführende Inhalte zu den Themen „Marke“ und Digitalisierung“

bvik-Veranstaltung: „Der Maschinen- und Anlagenbau im Wandel: Vom Anwender zum Anbieter digitaler Produkte“
Darum: 23.02.2021
Uhrzeit: 14:30 bis 17:00 Uhr
Gastgeber: Dürr Systems AG

 

 

Die Ergebnisse der bvik-Studie „Digitalisierungsschub 2020 im B2B-Marketing“ geben Auskunft über den aktuellen Status der digitalen Transformation im B2B-Marketing und inwieweit die Krise Treiber für einen Digitalisierungsschub im B2B ist. Dieses wertvolle Benchmark-Tool liefert einen umfangreichen Überblick der digitalen Transformation in Ihrer Branche und hilft Ihnen bei der Einordnung Ihrer eigenen strategischen Überlegungen.