Warum Customer Centricity und Markenführung untrennbar zusammengehören

Die Fokussierung auf den Kunden* ist in Unternehmen präsenter denn je. Gleichzeitig verändern sich Kundenerwartungen enorm – auch vor dem Kontext der Corona-Pandemie. Wo wird Customer Centricity heute gelebt? Wie werden Kunden begeistert? Und was machen kundenzentrierte Organisationen anders? Diese Fragen haben wir uns im Rahmen unserer Studie „Begeisterte Kunden. Begehrliche Marken“ gestellt.

Mathias Weber, Gebhardt & Partner Markenberatung
Partner

Mathias Weber unterstützt Unternehmen seit 15 Jahren dabei, langfristig erfolgreicher zu werden durch den Aufbau von kundenzentrierten und begehrlichen Marken. Darüber hinaus ist er als Dozent an Hochschulen tätig. 

Bildquelle: Gebhardt & Partner Markenberatung 


 

Management von Kundenerfahrungen als Teil des Markenmanagements

Globalisierung, die fortschreitende Technologisierung, Wertewandel – all diese großen Entwicklungen tragen dazu bei, dass sich die Anforderungen an Markenführung im B2B immer weiter verändern. Es geht künftig weniger um die Selbstinszenierung der eigenen Marke („Das kann ich“ – von innen nach außen) sondern immer mehr um die gezielte Steuerung der Wahrnehmung auf Kundenseite („das biete ich der Welt“ – von außen nach innen). Um herauszufinden, wo Unternehmen heute im Kontext dieser Entwicklung stehen, haben wir 86 Fach- und Führungskräften aus unterschiedlichen Branchen befragt. Unsere wichtigsten Erkenntnisse fassen wir in Form von vier Thesen zusammen.

 

Customer Centricity Visualisierung

Das Management von Kundenerfahrungen über die komplette Kundenerlebniskette hinweg wird zur Schlüsselaufgabe (Bild: G&P Markenberatung)

 

Erste These: Ich – Alles – Sofort. Die neue Anspruchshaltung der Kunden.

Die COVID-19-Pandemie hat viele Geschäftspraktiken gehörig durcheinandergewirbelt. Kundeninteraktion findet heute – gerade im B2B – oft nicht mehr über persönliche Treffen, sondern über digitale Kanäle statt. Die Nachfrage der Kunden ist in vielen Branchen sehr volatil und kaum planbar geworden. Lange, oft intransparente Lieferzeiten wie beispielsweise in der Automobil- oder Maschinenbaubranche tun ihr übriges. So verwundert es wenig, dass die Hälfte der Befragten angibt, dass sich die Erwartungen ihrer Kunden durch die Corona-Krise deutlich verändert haben. Gefordert sind neue, digitale Angebote (49%), mehr Dialog zwischen Marke und Kunde (24%) und eine höhere Geschwindigkeit in den Prozessen (19%).  

 

Zweite These: Die Umsetzungslücke. Kundenzentrierung ist eigentlich ein Verb.

Das Thema Kundenzentrierung bleibt ganz oben auf der Agenda bei den meisten der befragten Unternehmen. 86% der Teilnehmer sehen das Thema als wichtigen Faktor für den zukünftigen Erfolg ihres Unternehmens an. Bei 83% der Befragten ist das Thema Kundenzentrierung sogar fest in der internen Strategie verankert. Gleichzeitig beschreibt nur ein Drittel der Befragten das eigene Unternehmen als sehr kundenzentriert und knapp zwei Drittel sehen große Handlungsbedarfe hinsichtlich gelebter Kundenzentrierung. Das bedeutet: Es gibt noch viel zu tun. Vor allem mangelt es heute daran, dass Kundendaten nicht in ausreichender Qualität und schnell zur Verfügung stehen (60%), dass Kundenerfahrungen nicht konsequent gemessen und gesteuert werden (53%) und dass internes Abteilungs- und Silodenken der Kundenzentrierung leider oft im Weg steht (26%).

 

Dritte These: Das Mindset macht den Unterschied.

Kundenzentrierung hat viele Stellschrauben: das richtige Produkt, der richtige Prozess, vor allem aber die richtigen Personen mit der richtigen Einstellung. Die Menschen machen am Ende den Unterschied: in der direkten Kundeninteraktion (z.B. im telefonischen Kundenservice) aber auch in vermeintlich „kundenfernen“ Bereichen wie dem Controlling (z.B. durch die Gestaltung kundenindividueller Vertragsbedingungen). Das Entscheidende dabei ist die eigene Einstellung dem Kunden gegenüber, die Bereitschaft, individuelle Bedürfnisse zu verstehen und anzunehmen, der Wille, die berühmte Extrameile zu gehen – anders formuliert: ein kundenzentriertes Mindset. Oft fehlt dieses Mindset in Organisationen (24%), ferner fehlt noch öfter die Befähigung bzw. das Empowerment der Führungskraft, Kundenzentrierung konsequent im Daily Business umzusetzen (56%).

 

Vierte These: Kunden und Marke – Zwei Seiten derselben Medaille.

Einfach nur das zu machen, was die Kunden wollen, reicht in Zukunft nicht mehr aus, um einen positiven Unterschied zu machen, geschweige denn loyale Kundenbeziehungen zu schaffen. Generische Maßnahmen werden zum Hygienefaktor. Hinzu kommt, dass über klassische Kundenbefragungen oft wenig neue Erkenntnisse gewonnen werden können, was genau die Kunden in Zukunft wirklich begeistern würde. Schon Henry Ford erkannte das: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde“. Gelingt es einer Marke jedoch, voraus zu schauen und das eigene Markenversprechen dafür zu nutzen, differenzierende Impulse zu generieren, so wird Marke zum echten Customer Centricity Booster. Marke macht Kundenzentrierung also im Ergebnis glaubwürdiger, wirkungsvoller und effizienter. Amazon, Apple, Porsche und Ikea wurden von den Teilnehmern als die heute kundenzentriertesten Marken genannt. Sie alle nutzen ihr Markenversprechen, um wirklich einzigartige, nicht kopierbare Erlebnisse zu bieten, denn: „Wenn alle das Gleiche machen, hat der Kunde weder Orientierung noch Affinität für eine Marke“ – so einer unserer Teilnehmer.

 

Fazit

Die Ergebnisse zeigen: Gelebte Customer Centricity war noch nie wichtiger als heute – weil Kunden immer mehr erwarten und weil alle Unternehmen mittlerweile auf diesem Feld miteinander konkurrieren. Aus Kundensicht ist immer das letzte beste Erlebnis mit einer Marke der Maßstab, beispielsweise die Schnelligkeit oder Kulanz von Amazon. Um hier mithalten zu können, müssen B2B-Unternehmen ihren Kundenfokus weiter schärfen, und das ganze auf eine markentypische Art. So werden Kundenerfahrungen nicht nur relevant, sondern auch differenzierend.

*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel die männliche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Form hat redaktionelle Gründe und stellt keine Wertung dar.  

 

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